Zwischen Neckar und Alb

Männer trauern anders

Sterben Andreas Hutter begleitet im Esslinger Hospiz trauernde Männer. Sie gehen damit anders um als Frauen.

Esslingen. Trauergruppen und Männer - zumeist Fehlanzeige: Offensichtlich fällt es Männern schwerer, sich solchen Gruppen anzuschließen. Andere Fragen treiben sie um. Susanne Kränzle, die Gesamtleiterin des Hospiz in Esslingen und Trauerbegleiterin Claudia Landenberger können sich deshalb vorstellen, eine spezielle Trauergruppe für Männer anzubieten.

Andreas Hutter ist der einzige Mann im Kreis der Trauerbegleiterinnen. Seit vergangenem Sommer ist der 74-Jährige ehrenamtlich im Hospiz tätig. Zur Hospizarbeit kam er, weil er sich beim Tod der Eltern mangelhaft vorbereitet fühlte. Das Rüstzeug bekam er in Vorbereitungskursen für die Begleitung von Sterbenden, aber auch deren Angehörigen. In vielen Begleitungen merkte er: Oft werden sie das erste Mal mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontiert. Ein Jahr lang ließ sich Andreas Hutter zum Trauerbegleiter ausbilden - inklusive einer Abschlussarbeit, in der er sich speziell mit der Trauer von Männern befasste.

Männer weinen nicht

„Männer gehen anders mit Trauer um. Sie reagieren häufiger mit Rückzug“, sagt Hutter. Schuld daran seien unter anderem Erziehung und Sozialisation, zu denen Sätze wie „Männer weinen nicht“ gehörten. An Männer würden ganz andere Erwartungen herangetragen: „Wer im Beruf steht, erfährt oft die Haltung, nach drei Wochen müsse nun aber Schluss mit der Trauer sein.“ Dabei sei Trauer ein Prozess der Heilung, der unterschiedlich lange dauere.

Vom vermeintlich „starken Geschlecht“ wird erwartet, zu funktionieren. „Dabei fühlen sich Männer genauso verwundet, hilflos und ausgeliefert“, sagt Hutter. Auch deshalb zeigten Männer ihre Trauer seltener, zögen sich zurück. „Es fällt ihnen schwer, auszudrücken, wie sie sich fühlen“, hat Hutter erfahren.

„Männer sind in ihrer Trauer wütender und aggressiver, obwohl sie sich schwach fühlen“, weiß der Trauerbegleiter. „Sie möchten eher etwas tun, um die Trauer zu überwinden, etwa ein Blockhaus bauen“, erklärt Hutter. In einer Trauergruppe für Männer müssten solche Aktivitäten eingebunden werden: Natürlich werde es nicht ein Blockhaus sein, aber mit den Händen etwas zu schaffen, könne heilsam wirken. Eine solche Gruppe zu leiten, würde ihn reizen: „Männer öffnen sich leichter einem Mann“, ist er überzeugt.

„Wenn sich Männer melden, die Interesse an einer Trauergruppe für Männer haben, so sind sie bei Andreas Hutter gut aufgehoben - daher würde ich mich freuen, wenn so eine Gruppe zustande käme“, sagt Susanne Kränzle, Gesamtleiterin des Hospiz Esslingen. Ulrike Rapp-Hirrlinger