Zwischen Neckar und Alb

Mehr als 15 Jahre hinter Gitter

Urteil Der 31-jährige Angeklagte ist im Fall der ermordeten Seniorin in Neuhausen zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Symbolbild: Gericht
Symbolbild: Gericht

Neuhausen. Eigentlich war das Urteil der ersten Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht im aufsehenerregendsten Mordprozess der Region keine große Überraschung: Lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld, wie vom Staatsanwalt gefordert. Dennoch brachen die Familienangehörigen des Angeklagten, darunter die Ehefrau und Mutter des zweijährigen gemeinsamen Sohnes, immer wieder in Tränen aus. Der heute 31-Jährige verkroch sich auf der Anklagebank zeitweise mit gesenktem Kopf fast unter dem Tisch, als ob er sich unsichtbar machen wollte. Er ist der Mörder der pflegebedürftigen 84 Jahre alten Frau, die am Abend des 3. September 2018 in ihrer Wohnung in Neuhausen auf brutale Art und Weise zu Tode kam. Das hatte er gestanden und dafür muss er nun mehr als 15 Jahre hinter Gitter.

Die Vorsitzende Richterin Ute Baisch wählte bei der Urteilsverkündung am Donnerstag deutliche Worte, um zu begründen, warum der junge Familienvater länger als bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe üblich im Gefängnis bleiben soll: Er habe die gesundheitlich sehr angeschlagene, aber noch geistig fitte Seniorin regelrecht abgeschlachtet. Und das nur, um sein Gesicht nicht zu verlieren und nicht als Versager da zustehen. Gleichgültig, emotionslos sowie gnaden- und erbarmungslos sei der Fliesenleger aus Wolfschlugen, der ohne das Wissen seiner Familie Kokain konsumierte und viel Geld bei Wetten und am Spielautomaten verloren hatte, vorgegangen. In den Jahren 2017 und 2018 soll er bei Online-Wetten mindestens 30 000 Euro verloren und rund 50 000 Euro Schulden gehabt haben.

Am Nachmittag des Tattages soll sich der 31-Jährige nach Überzeugung des Gerichts entschlossen haben, die 84-Jährige zu überfallen und zu berauben. Er kannte sein späteres Opfer, weil es im Haus seiner Schwester wohnte. Es war eine brutale Gewalttat, bei der der Angeklagte der Frau zunächst mit einem Hammer den Schädel eingeschlagen und, um sich ihres Todes sicher zu sein, zusätzlich mit zwei Messern in den Hals gestochen hatte.

Kurz danach versuchte er vergeblich mit der geraubten Bankkarte Geld abzuheben und teilte seiner Frau mit, dass es mit dem Kredit nicht geklappt habe. Er kaufte Lebensmittel und eine Flasche Wodka, rief Freunde an und konsumierte mit einem von ihnen Kokain bis in den frühen Morgen. „Völlig normal wie immer“, hatten die Zeugen das Verhalten des Angeklagten, der am 4. September dann noch den Hochzeitstag mit seiner Frau feierte, beschrieben. Daraus schloss Baisch übereinstimmend mit dem Sachverständigen, dass der Täter voll schuldfähig war. Sabine Fösterling