Zwischen Neckar und Alb

Menschen müssen draußen bleiben

Tierisch In der ersten Nürtinger Hundeschwimmhalle dürfen nur Vierbeiner ins Wasser – Das Schwimmangebot bietet den Tieren Spaß und gelenkschonendes Muskeltraining. Von Barbara Gosson

Pia und Carlo bekommen gar nicht genug vom Schwimmen.Foto: Barbara Gosson
Pia und Carlo bekommen gar nicht genug vom Schwimmen.Foto: Barbara Gosson

Platsch! Die schwarze Labrador-Hündin Pia lässt sich ins Wasser fallen und schwimmt hinter dem Ball, den ihr Frauchen an einer Angel vor ihr her zieht. Unermüdlich zieht sie im Becken ihre Bahnen, eine ganze Stunde lang. Das kann sie dank der Hundeschwimmhalle, die es seit einigen Monaten in Nürtingen - und nur in Nürtingen gibt.

Herrin der Hundeschwimmhalle ist Sabine Bendig. Sie ist studierte Betriebswirtin und hat in ihrer Diplomarbeit einen Geschäftsplan für eine Hundeschwimmhalle erstellt. Der geht nun auf. Vor zwei Jahren eröffnete die Unterensingerin in Ebersbach ihre erste Hundeschwimmhalle, nun ist sie nach Nürtingen umgezogen und hat ihre Becken in einer Fabrikhalle im Industriegebiet in der Au aufgebaut. Die Hundeschwimmhalle ist einmalig im Land. Sabine Bendig weiß, dass es erst in Bayern und in Frankfurt noch eine gibt.

Auf die Idee mit der Hundeschwimmhalle haben Sabine Bendig ihre eigenen Hunde gebracht. Sie hat fünf Labrador-Ret­riever. Die Wasserapportierhunde sind richtige Schwimmfans, aber an immer mehr Seen ist es nicht gerne gesehen, wenn Hunde ins Wasser gehen. Große Flüsse sind wegen der Strömung zu gefährlich, außerdem lauern Gefahren wie Glassplitter oder Giftköder an den Ufern. Sie überlegte, wo die Hunde gefahrlos und gezielt schwimmen könnten und entwickelte ihren Plan.

Die beiden Becken in der Schwimmhalle sind Spezialanfertigungen. Immerhin fasst das große rund 20 000 Liter, das kleinere etwa 10 000 Liter Wasser. Dieses Gewicht müssen die Wände aushalten. Das Wasser ist lauwarm, auch Frauchen könnte darin schwimmen - das geht aber nicht, weil das Wasser für den menschlichen Gebrauch zu wenig gechlort ist. Eine Teichfilteranlage und eine UV-Lampe säubern das Wasser, auf Chlor wird den Tieren zuliebe verzichtet. Die Idee scheint anzukommen, Bendig ist mit der Nachfrage zufrieden.

Vor dem Baden bekommen die Hunde eine Schwimmweste an. Die hilft ihnen, eine Stunde lang im Becken zu bleiben. Anfängern nimmt sie die Angst, unterzugehen. Andere brauchen eine Schwimmweste, weil ihr Körperbau es ihnen nicht erlaubt, normal zu schwimmen.

Hündin Pia ist schon Profi. Sie zieht souverän ihre Bahnen, geführt von ihrem Frauchen, das den Hund mit einem Ball an der Angel lockt. Ab und zu darf sie raus, dann geht sie ins kleinere Becken, in dem sie stehen kann, und läuft dort eine Runde. Pia ist sieben und sie soll fit bis ins Alter bleiben. „Ich bin froh, dass es dich gibt“, sagt Pias Frauchen zu Sabine Bendig.

„Viele Hunde bekommen irgendwann Probleme mit den Hinterläufen. Das lange, gezielte Schwimmen stärkt die Muskulatur so, dass die Knochen und Gelenke entlastet werden“, erklärt Sabine Bendig. Die meisten Hunde, 80 bis 85 Prozent, die herkommen, haben Probleme mit den Gelenken. Entweder wegen ihres Alters oder weil sie an einer Krankheit wie Hüftdysplasie leiden - eine Folge unverantwortlicher Zucht. Sie werden dann vom Tierarzt zum Schwimmen geschickt, nicht anders als bei den Menschen. Mit den Hunden können im kleineren Becken auch gezielte Übungen mit Geräten gemacht werden. „Manche Hunde haben mit drei Jahren schon eine kaputte Hüfte“, erzählt Sabine Bendig. Ihnen hilft das regelmäßige Schwimmen dabei, weniger Schmerzen zu haben. Das unterscheidet die Schwimmhalle vom Baggersee, aus dem viele Hunde gerne Stöckchen holen: „Da kommen sie immer wieder raus, hier schwimmen sie richtig lange.“ Außerdem kann die Halle ganzjährig genutzt werden, es ist nie zu kalt für die Schwimmeinheit. Wie beim Menschen auch, bringt das Training nur etwas, wenn es regelmäßig stattfindet.

Angenehmer Effekt: Der Hund ist am Ende wirklich müde. Zu Pia gesellt sich Carlo. Der Weimaraner ist ebenfalls sieben Jahre alt und ein Hund voller Energie. Er braucht etwas, das ihn richtig auslastet. Das wurde mit dem Schwimmen gefunden. Nach einer Stunde im Wasser ist Carlo ausgepowert und ausgeglichen. Die Bewegung baut Stress ab. Draußen könnte er nicht so lange schwimmen und schon gar nicht bei jedem Wetter, da sein Fell, typisch für die Rasse, recht dünn ist.

Sabine Bendig hilft den Hunden, sich ans Wasser zu gewöhnen. Seit zwei Jahren ist sie auch Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin. Sie schafft es mit Geduld, auch wasserscheue Hunde ins Becken zu locken. Für die Hunde ist erst alles neu und wird deshalb mit Misstrauen beäugt. Bendig bietet deshalb eine halbe Stunde Einführung an. Sind die Hunde erst einmal auf den Geschmack gekommen, gehen sie gerne ins Wasser. Die Schwimmweste hilft dabei - sie nimmt den Tieren die Angst vor dem Untergehen. Bendig sagt, dass es noch keinen Hund gab, der nicht ins Wasser wollte.

Es gibt einen noch weiteren Vorteil gegenüber dem Baggersee: die Hundewaschanlage, dank der der geliebte Vierbeiner beim Nachhausekommen nicht so sehr nach nassem Hund riecht.