Zwischen Neckar und Alb

„Misstrauen ist Gold wert“

Kriminalität Betrüger versuchen es auf verschiedenen Wegen, um an das Geld argloser Menschen zu kommen. Manchmal geben sie sich als Handwerker aus und schließen an der Haustür Verträge ab. Von Barbara Gosson

Kriminelle haben keine Skrupel, ältere Menschen um ihr Erspartes zu bringen.
Kriminelle haben keine Skrupel, ältere Menschen um ihr Erspartes zu bringen.

Opfer von Haustürbetrügern kann jeder jederzeit werden. Diese Täter sind mit allen Wassern gewaschen: Ehe die Menschen zur Besinnung kommen, sind die Betrüger schon mit dem Geld über alle Berge und hinterlassen Scham und Ratlosigkeit. Ein Experte der Verbraucherzentrale klärt auf, wo Wachsamkeit gefragt ist und was man tun kann, wenn man einem Betrüger aufgesessen ist.

Matthias Bauer ist Abteilungsleiter Bauen, Wohnen, Energie bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er kennt vielerlei Betrugsmaschen, geht aber davon aus, dass er nur die Spitze des Eisbergs zu sehen bekommt. Schlüsseldienste und Rohrreiniger, Teppichreiniger oder Kolonnen, die das Teeren der Einfahrt anbieten, Dachdecker oder Gärtner - der Erfindungsreichtum derer, die mit minderwertig oder gar nicht ausgeführten Arbeiten den Menschen Wucherbeträge aus der Tasche ziehen, kennt keine Grenzen.

Niemals sofort zahlen

Oft drängen sie ihre Opfer zu einem schnellen Vertragsabschluss, indem sie vortäuschen, sie hätten nur an diesem Tag Zeit, zu einem vorgeblich günstigen Preis bestimmte Arbeiten zu erledigen. Bauer informiert: „Mit einem Handwerker hat man einen Werkvertrag. Bezahlt werden muss erst, wenn die Arbeit abgenommen wurde.“ Bei Haustürgeschäften hat man ohnehin ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Das Problem: Die Betrüger geben auf der Rechnung keine ladungsfähige Adresse an. „Ist das Geld weg, kann man es kaum mehr zurückholen“, betont der Verbraucherschützer. Darum sollten Sofortzahlungen immer verweigert werden.

Betroffene sollten immer auf einer ordentlichen Rechnung bestehen: „Diese enthält den Namen, das Leistungsdatum, die Adresse der Firma und die Steuernummer. Wenn das fehlt, ist die Firma nicht seriös.“ Oft stehe bei Steuernummer „in Gründung“.

Was können Menschen tun, wenn ihnen das Geld aus der Tasche gezogen wurde? „Auf jeden Fall sofort die Polizei anrufen“, rät Bauer. Auch wenn der Betrugsversuch nicht gelungen ist, lohnt es sich, können doch vielleicht Nachbarn und Freunde davor bewahrt werden, Opfer zu werden. Zudem können sie mit Zetteln gewarnt werden oder selbst als Zeugen helfen, einem Gauner das Handwerk zu legen, sagt Bauer.

Die Gerichte sind oft keine große Hilfe, hat er erlebt. „Die Richter sagen oft, die Leute seien selbst schuld, wenn sie unterschreiben und zahlen.“ Auch in Strafprozessen ist den Gaunern nur schwer beizukommen. Mancher alte Mensch lebt schon gar nicht mehr, bis endlich Anklage erhoben wird. Andere können keine verwertbare Zeugenaussage mehr leisten. „Strafrechtlich ist diesen Betrügern äußerst schwierig beizukommen, da jeder einzelne Fall ausermittelt und die Sittenwidrigkeit des Vertrages nachgewiesen werden muss“, sagt Bauer.

Betrüger stehen nicht nur an der Haustür. Auch die Kontaktaufnahme über das Internet ist beliebt. Wer nach einem lokalen Schlüsseldienst oder Rohrreiniger sucht, findet bei Google gleich ganz oben Dienste, die gar nicht am Ort sind. Der Anruf wird an ein Callcenter weitergeleitet, das die Ortsnähe nur vortäuscht. In Wirklichkeit braucht der Schlüsseldienst sehr lange, bis er da ist. Bauer rät, sich vor dem Anruf das Impressum anzusehen. Fehlt es oder weist es einen weit entfernten Anbieter auf, solle man die Finger davon lassen. Gerade bei Schlüsseldiensten lohne es sich, einen lokalen Anbieter und seine Preise zu kennen, damit nicht jemand die Not des Ausgesperrten ausnutzt und ihm unnötig viel Geld aus der Tasche zieht. Oder einfach bei Nachbarn einen Schlüssel deponieren.

Der Staat schaut dem Treiben windiger Abzockern nicht einfach zu. Bauer sagt, dass der Gesetzgeber nicht untätig ist. Derzeit kümmert sich eine bundesweite Verbraucherminister-Konferenz unter Federführung von Bayern und Baden-Württemberg um das Thema. Für Schlüsseldienste und Rohrreinigungsfirmen soll eine Zuverlässigkeitsprüfung nach der Gewerbeordnung eingeführt werden. Außerdem soll die Bundesnetzagentur unseriöse Telefonnummern eher abschalten können. Auf der Wunschliste der Verbraucherschützer stehen noch weitere Regelungen, zum Beispiel schutzwürdige Nummern für seriöse Handwerker. Sonst gilt für den Verbraucherschützer die Faustregel: „Misstrauen ist Gold wert“.

Info: Eine Liste seriöser Anbieter ist im Internet zu finden unter www.verbraucherzentrale-bawue.de/handwerker