Mittlerweile ist der weltberühmte Dichter schon ein gutes Jahr älter. Doch wegen der Pandemie wurde das bundesweite Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag Friedrich Hölderlins verlängert. Nun endet es ganz offiziell. Zum Abschluss zeigt die Theaterspinnerei Frickenhausen ihre außergewöhnliche Produktion „Himmel über Hölderlin“ auf der Oberensinger Höhe.
Was hatte man nicht alles geplant, um Friedrich Hölderlin zu seinem Wiegenfest am 20. März 2020 zu huldigen. Auch in Nürtingen, der Stadt, die sich wie keine andere als Hölderlinstadt bezeichnen kann. Hier hatte er entscheidende Kinder- und Jugendjahre verbracht und bedeutende Werke verfasst. Hierher ist er immer wieder zurückgekehrt auf seinen Wanderschaften.
Hölderlin war ein Wanderer, und so war es eine formidable Idee von Jens Nüßle und Stefan Hänlein, den Menschen den Dichter auf einem anderthalbstündigen theatralischen Spaziergang nahezubringen. Auf einem Spaziergang draußen in der Natur, die Stephan Hänlein beim Verfassen des Skripts für die Produktion „Himmel über Hölderlin“ als einen Fixpunkt für Hölderlin ausgemacht hat. „Sie hat ihn geerdet“, sagt der Mann, der auch für die Umsetzung der anspruchsvollen Technik beim theatralischen Audio-Spaziergang verantwortlich ist. Die Natur als Fixpunkt also. So wundert es nicht, dass sie die Künstler der Theaterspinnerei als Figur auftreten lassen. Als Gaia, als mythologische Mutter Erde, schlüpft Susie Rosina Pochel in ein zweiseitig von Hand bemaltes Kleid und trifft in sechs Spielszenen auf Hölderlin, von Jens Nüßle dargestellt. Er hat auch die künstlerische Gesamtleitung übernommen.
Zwischen den Spielszenen hört man über einen Kopfhörer Dialoge, Geräusche und Musik. So wird ein chronologisches Bild von den Jugendjahren in den Klosterschulen bis zum Tod des Dichters im Tübinger Turm entworfen. Im Gespräch mit der Natur, der man mit Gaia eine Stimme gegeben habe, entstehen intime, berührende Momente, bei denen auch Schmerz und Verzweiflung nicht ausgeschlossen werden. Die Streckenauswahl, die auch über Feldwege führt, mit dunkleren und helleren Passagen, bis hin auch zur Linde mit der großartigen Aussicht, die auch schon den Dichter inspiriert haben mag, spiegelt dabei die Gemütszustände Hölderlins.
Im vergangenen Jahr zeigte die Theaterspinnerei den „Himmel über Hölderlin“ in den Weinbergen, den Wäldern und auf den Streuobstwiesen rund um Linsenhofen. Und so wurde aus den strengen Vorgaben der letztjährigen Coronaphase mit einer Produktion im Freien und großem Abstand eine Tugend - und eine Erfolgsgeschichte. Hänlein: „Der Abstand ist gut, wir haben ein Riesenbühnenbild.“ Eine Wiese mit Blick bis zur Alb kann da zum Prospekt des Theatervolks werden.