Kreis. Wenn Margit Schranner ins Esslinger Hospiz kommt, richtet sie als Erstes ihren Wagen mit allerlei Malutensilien und Kunstbüchern her. Danach geht es zu den Patienten, die im Hospiz Gäste genannt werden. Gemeinsam mit der Kunsttherapeutin malen und zeichnen sie oder drücken sich in anderer Form künstlerisch aus.
Seit 2019 ist die studierte Kunsttherapeutin, die auch als freischaffende Künstlerin tätig ist, im Hospiz engagiert. Einmal pro Woche verbringt die 55-Jährige normalerweise einen Vormittag dort. Der Umgang mit Sterbenden unterscheide sich sehr von der Arbeit mit Menschen, bei denen eine Heilung das Ziel sei. „Im Hospiz geht es allein darum, was die Menschen in ihrer letzten Lebensphase brauchen“, erklärt die Künstlerin. Da müsse man besonders kreativ und einfühlsam sein.
Oft muss sie die überwiegend älteren Gäste erst überzeugen, sich auf das künstlerische Tun einzulassen. Dann spürt Schranner manchmal einen inneren Widerstand und sie hört Sätze wie: „Malen kann ich nicht“. Wer es dennoch versucht, erziele zuweilen erstaunliche Ergebnisse. Doch es gehe nicht um das perfekte Produkt, sondern vielmehr darum, etwa durch das Spiel mit Farben seine Gefühle, seine aktuelle Befindlichkeit auszudrücken. Oft gelinge es auch, Vergangenes aufzuarbeiten und Verborgenes zutage zu fördern.
Über ein Bild könne der Mensch Zugang zu einer anderen, einer inneren Ebene bekommen. Manchen gelingt es durch das Malen, Ängste zu verarbeiten. „Dann sind diese nicht mehr so bedrohlich“, weiß Schranner. Viele der Hospizgäste sind sehr schwach. „Es ist erstaunlich, was dennoch in der Kunsttherapie alles passieren kann“, erzählt sie von einer über 80-Jährigen, die anfangs hauptsächlich Mandalas ausgemalt habe. Schranner zeigte ihr Bilder von Emil Nolde und plötzlich habe sich die Frau auf ganz freies Malen eingelassen. Manchmal malt die Künstlerin auch selbst für die Gäste: „Das ist dann wie ein Diktat. Sie beschreiben mir, was sie gerne gemalt haben möchten. Das funktioniert erstaunlich gut.“ Meist entstehen Werke auf Papier, manchmal auf Leinwand. Aber auch selbst trocknenden Ton oder Filz verwendet die Kunsttherapeutin. Die Therapeutin gestaltet ihren Einsatz je nach Bedarf. Der sei phasenweise sehr groß. „Wenn jemand etwas abschließen will, komme ich auch extra noch mal vorbei.“ Die Künstlerin empfindet ihre Arbeit im Hospiz als bereichernd, zuweilen aber auch belastend. „Vor allem wenn mehrere Menschen auf einmal gehen, geht mir das nahe.“ Weitere Infos gibt es unter www.hospiz-esslingen.de. pm