Die Talsohle scheint durchschritten, aber zum Aufatmen ist es noch viel zu früh: So lautet das Fazit der jüngsten Konjunktur-Umfrage der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen bei den Unternehmen im Landkreis. Im Vergleich zum Konjunkturbericht im Sommerquartal machen Auftragslage und Absatz den Firmen wieder Hoffnung auf bessere Zeiten. „Die Wirtschaft ist am Beginn des Erholungspfads. Der Weg wird steinig, aber die Zeichen aus Industrie, Handel sowie Teilen der Dienstleister lassen erkennen, dass er machbar ist“, heißt es im Konjunkturbericht.
Vor allem in der Industrie lassen steigende Auftragseingänge, speziell aus China und anderen Nationen Asiens, die Zuversicht zurückkehren. Allerdings warnt Johannes Schmalzl, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, vor allzu hohen Erwartungen: „Der aufkeimende Optimismus ist mit Vorsicht zu genießen. Die Stimmung ist offensichtlich besser als die Lage. Noch sind wir in der Kurzarbeitswolke. Das ganze Ausmaß, wie sehr die Coronakrise viele Unternehmen geschädigt hat, wird sich erst im nächsten Jahr zeigen.“
Untergangsstimmung im Sommer
Bei der vorangegangenen Erhebung im Sommerquartal hatte auf breiter Front noch Untergangsstimmung geherrscht. Nahezu die gesamte Wirtschaft im Landkreis Esslingen lag im Griff der Corona-Pandemie. Branchenübergreifend stürzten Umsätze und Erträge ins Bodenlose ab. Inzwischen halten die Firmenchefs die Lage nicht mehr für ganz so düster. Auch beim Handel zeigen die Bewertungen über Lage und Erwartung wieder nach oben. Allerdings überwiegen dort nach wie vor die negativen Meldungen. Uneinheitlich ist das Stimmungsbild in den Dienstleistungssparten. Dort leiden viele Betriebe nach wie vor stark unter den Einschränkungen der Corona-Verordnung. Prekär bleibt die Lage vor allem für Hotellerie und Gastronomie, ebenso wie für die Messe- und Veranstaltungssparte. Zahlreiche Firmen kämpfen ums Überleben.
Die aktuelle Geschäftslage bezeichnen 24 Prozent aller Unternehmen als gut (Sommer 2020: 16 Prozent). Die Zahl der Betriebe mit schlecht laufenden Geschäften ist von 48 Prozent auf 39 Prozent gesunken. Indessen beklagen immer noch 62 Prozent der Firmen gesunkene Umsätze (Sommer 2020: 70 Prozent). Erstmals wurde eine Einschätzung über das Ausmaß des Umsatzschwunds als Folge der Coronakrise abgefragt. Danach schätzen 31 Prozent aller Betriebe ihren Rückgang im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 25 Prozent; 28 Prozent rechnen mit einem Umsatzrückgang zwischen zehn und 25 Prozent.
Trotz der Ungewissheit über den weiteren Verlauf der zweiten Covid-19-Welle haben sich die Aussichten für das nächste Jahr maßvoll verbessert. Mit knapp 29 Prozent hält sich der Anteil der Optimisten die Waage mit den Pessimisten; 43 Prozent rechnen mit Stagnation. Vom Vorkrisenniveau ist die Wirtschaft noch weit entfernt. Eine Rückkehr zur Normalität sehen mehr als 43 Prozent der Unternehmen erst im zweiten Halbjahr 2021 oder später.
Zahlreiche Betriebe melden Liquiditätsengpässe. Häufig sehen sie sich gezwungen, Investitionen auszusetzen und ihre Belegschaften zu verkleinern. Bei fast der Hälfte der Unternehmen im Landkreis Esslingen war das der Fall. 86 Prozent der Betriebe wählten dabei das Instrument der Kurzarbeit, 58 Prozent verzichteten auf eine Neubesetzung vakanter Stellen. Auch mit Blick auf die nächsten zwölf Monate dürfte der Arbeitsmarkt unter Druck bleiben. 37 Prozent der Betriebe rechnen mit weiter sinkendem Personalbestand.
Christoph Nold, Geschäftsführer der IHK Esslingen-Nürtingen, rät der Politik und den Kommunen dringend, die richtigen Lehren aus den Folgen der Coronakrise für die Wirtschaft zu ziehen. „Wir müssen die Standortfaktoren endlich wieder in den Blick nehmen. Viele Unternehmen machen ihre Fertigung ja nicht zu, sondern verlagern sie an Standorte, an denen sie bessere Bedingungen vorfinden. Das muss uns aufhorchen lassen.“