Zwischen Neckar und Alb

Möglicher Brandstifter kommt in die Psychiatrie

Justiz Der 44-Jährige, der ein Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft gelegt haben soll, ist schuldunfähig.

Symbolbild

Esslingen. Ein 44-Jähriger war wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung angeklagt, weil er im Verdacht stand, sein Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft in der Esslinger Robert-Koch-Straße angezündet und damit das Leben von mindestens 14 Menschen gefährdet zu haben. Doch nun hat das Landgericht Stuttgart den Angeklagten freigesprochen: Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger hatte ihn wegen einer schweren psychischen Erkrankung für schuldunfähig erklärt. Der Mann wird jetzt in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

Beim Prozessauftakt im Januar war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Angeklagte sein Zimmer in der Esslinger Flüchtlingsunterkunft aus Frust heraus angezündet hatte. Demnach hatte sich der 44-Jährige nicht wohl gefühlt in dem Raum. Er hatte sich von den Bewohnern über ihm drangsaliert gefühlt und sich zudem mehrfach über Ungeziefer in dem Zimmer beschwert. Aus Ärger darüber, dass er den verhassten Raum nicht gegen einen anderen tauschen durfte, habe er beschlossen, Feuer zu legen, um das Zimmer unbewohnbar zu machen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Zu diesem Zweck habe er einen Berg aus Kleidung und Papier in der Mitte des Raumes aufgehäuft und angezündet - obwohl er wusste, dass sich andere Personen in dem Gebäude befanden. Nur weil zwei andere Bewohner der Unterkunft beherzt eingriffen, konnte sich das Feuer nicht weiter ausbreiten. Die Aussagen des Angeklagten selbst hatten wenig dazu beigetragen, Licht in die Ereignisse in jener Nacht im vergangenen Juni zu bringen. Dafür erfuhr das Gericht umso mehr aus seiner Vergangenheit.

So hatte der Mann aus Tunesien eigenen Angaben zufolge zahllose Erfahrungen mit Drogen aller Art gemacht und bereits zwei Mal mehrere Wochen in einer Psychiatrie verbracht. Vor fast 20 Jahren sei er aus seiner Heimat nach Italien geflohen, wo sich sein Leben jahrelang vor allem darum gedreht habe, Drogen zu beschaffen und zu konsumieren, hatte der Tunesier berichtet. Nach einem Zwischenstopp in der Schweiz war der Mann im Jahr 2016 nach Deutschland gekommen und als Flüchtling registriert worden. Vor Gericht hatte der 44-Jährige über Probleme in der Flüchtlingsunterkunft berichtet: Zimmernachbarn hätten Krach gemacht, um ihn zu stören und ein Loch in die Decke seines Raumes gebohrt, um ihn mit Wasser zu begießen. Vor Stress habe er sogar Stimmen gehört, wenn niemand in der Nähe war. Schließlich sei er so verzweifelt gewesen, dass er sich umbringen wollte: Er schluckte Batterien, wollte sich mit einem Messer verletzen und versuchte, sich an einem Fernsehkabel aufzuhängen. Nun hat ein psychiatrischer Sachverständiger den Angeklagten für schuldunfähig erklärt. Deshalb endete das Verfahren mit einem Freispruch. Der Mann muss nun in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Melanie Braun