Zwischen Neckar und Alb

Mona Lisa lächelt auch in Köngen

Holzschnitzer Roland Gautsche arbeitet an einem Relief nach dem weltberühmten Gemälde

Roland Gautsche mit seiner „Traumfrau“.Foto: Horst Jenne

Roland Gautsche mit seiner "Traumfrau". Foto: Horst Jenne

Köngen. Roland Gautsche ist ganz begeistert von einer Frau. So sehr, dass er sie anhimmelt und sich Tag und Nacht um sie kümmert. Die Angebetete heißt Mona Lisa und hängt als Ölgemälde im Pariser Louvre. Doch jetzt bekommt sie auch in Köngen ihr geheimnisvolles Lächeln. Der Reliefschnitzer Gautsche fertigt nämlich das berühmteste und teuerste Bild der Welt in Holz an.

Das Londoner Auktionshaus Christie’s beziffert den fiktiven Marktwert der Mona Lisa auf etwa eine Milliarde Euro. Scheichs oder Oligarchen würden sicherlich noch mehr für das Kunstwerk von Leonardo da Vinci hinblättern. Gautsche wäre bereit, sein Exponat für 5 000 Euro zu verkaufen. Noch ist es nicht fertig. 30  Stunden hat der 61-jährige Rentner schon mit verschiedenen Schnitzeisen daran gearbeitet. Noch einmal so viel Zeit benötigt er, bis die Mona Lisa fertig ist und im September als Starporträt eine Ausstellung im Wendlinger Rathaus bereichern soll.

Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel führte kurz vor Weihnachten 2013 die ersten Konturen an dem Werk aus. Danach machte sich Gautsche an die Arbeit mit dem Lindenholz, das er aus dem Lechtal in Tirol bezogen hat. Immer wenn er Lust hat verkriecht er sich in seinen Keller und widmet sich seiner großen Leidenschaft. Es kann schon mal sein, dass er nachts aufwacht und nicht mehr einschlafen kann. Dann geht er in seine „Oase der Ruhe“, lässt klassische Musik ertönen und beginnt zu meißeln und zu hämmern. Die beiden Meerschweinchen ertragen das mit einer Eselsgeduld.

Neben der Mona Lisa schuftet Gautsche noch gleichzeitig an 155 anderen Reliefs. Dazu dienen ihm Vorlagen von weltberühmten Künstlern wie Picasso, Dali, Raffael, Vermeer, Magritte, Kandinsky oder Anker. Auch ein Bild von Bundespräsident Joachim Gauck hat er derzeit in der Mache. „Ich brauche einfach Abwechslung und kann nicht tagelang an einem Ding schaffen“, erzählt der 61-Jährige, der schon zu zig Ausstellungen in der Region eingeladen wurde. Der Kunsthandwerker verwendet für seine „Großen Meister“ keine Maschinen. Zum einen ist er Hausstauballergiker, andererseits schätzt er die solide Handarbeit und das plastische Gestalten mit den Schnitzeisen. Seine Werke sollen dem Betrachter eine tiefe und annähernd dreidimensionale Ansicht der Motive ermöglichen. „Ich will die Leute zum Staunen bringen“, hat er sich für jedes Bild vorgenommen. Außer Lindenholz verwendet er auch noch Zirbelkiefer. Diese beiden Materialien sind für das Schnitzen besonders gut geeignet.

1981 begann der Köngener mit seinem Steckenpferd. Ein Schlüsselerlebnis im Werkunterricht gab den Ausschlag. Gautsche begann mit einfachen Dingen wie zum Beispiel Schalen. Verblüfft stellte er später fest, dass man mit einem Stück Holz auch Kunstwerke erschaffen kann. Er meldete sich für einen Schnitzkurs an und bildete sich schließlich an verschiedenen Fachschulen für Bildhauerei in der Alpenregion fort.

Nach einem schweren Sportunfall und einer Krankheit wurde Gautsche im Jahr 1991 vorzeitig berentet. Ein herber Schlag für einen damals gerade mal 37-Jährigen. Ein Glück, dass ihm sein Hobby über manch schwere Stunde hinweghalf. Er stürzte sich immer mehr in die Arbeit mit dem Holz und fand zunehmend Gefallen an der Reliefschnitzerei, nachdem er in Uhlbach eine Szene im Weinberg gesehen hatte. Wenn er mal nicht in seinem Keller zu finden ist, dann beschäftigt er sich an recht ungewöhnlichen Orten im Freien mit seinen „Großen Meistern“.

Des Öfteren ist er an der Autobahnraststätte unterm Aichelberg anzutreffen. Der eine oder andere Wagenlenker vergisst dann, dass er weiterfahren wollte. Er schaut stattdessen dem Künstler aus Köngen längere Zeit über die Schulter und plaudert mit ihm. Ein Schwätzchen halten, das tut Gautsche liebend gerne. Seit zwei Jahren frönt er zudem einer neuen Leidenschaft: er spielt Theater bei der Wendlinger Sackbendl-Komede. Unterschiedlicher könnten seine Hobbys nicht sein.