Zwischen Neckar und Alb

Mord oder Totschlag?

Gericht Staatsanwalt fordert für 34-jährigen Familienvater, der seine Frau getötet hat, eine lebenslange Freiheitsstraße.

Symbolbild

Reichenbach. Der 34-Jährige Familienvater hatte seine zwei Jahre jüngere Ehefrau im gemeinsamen Einfamilienhaus in Reichenbach wegen ihrer Liebesaffäre zu einem Arbeitskollegen getötet.

Vor den Plädoyers gab der Angeklagte, der sich bisher nur beim psychiatrischen Gutachter zur Tat geäußert hatte, eine Erklärung ab: Er sei schuldig und bedaure sehr, was geschehen sei. Der 34-Jährige will entgegen anderslautender Zeugenaussagen seine Frau während der Ehe nicht öfter geschlagen haben. Nachdem er von der Affäre erfahren habe, habe im Gegenteil seine Ehefrau ihn provoziert, ihn bedroht und ihm ins Gesicht gelacht. Sie habe angekündigt, ihm das Leben zur Hölle zu machen.

„Nach außen unauffällige Ehe“

Für Staatsanwalt Wolfgang Friedrich war der Sachverhalt nach der Beweisaufnahme jedoch klar. Die 32-Jährige sei aus einer über Jahre hinweg „nach außen unauffälligen Ehe“ mit traditionellen Rollenvorstellungen ausgebrochen und habe ein intimes Verhältnis mit einem Arbeitskollegen angefangen. Im Januar sei der Ehemann in die Einliegerwohnung im gemeinsamen Einfamilienhaus in Reichenbach gezogen und habe sich bei einem Anwalt wegen einer Scheidung erkundigt. In der Tatnacht, als die Ehefrau gegen drei Uhr von einem Treffen mit ihrem Arbeitskollegen zurückgekehrt war, sei der Familienvater massiv gewalttätig geworden.

Dem Opfer gelang es, zu den Nachbarn zu fliehen. Die Frau rief um Hilfe und klingelte. Vor dem Nachbarhaus habe der Angeklagte seine Frau erneut gewürgt, die nun Bewusstlose zurück ins Wohnzimmer getragen und ihr dort wiederum den Hals zugedrückt. Die Rechtsmedizinerin habe in ihrem Gutachten bestätigt, dass der 34-Jährige entgegen seiner Aussage nach der Rückkehr ins Haus die Bewusstlose nochmals bis zum endgültigen Tod gewürgt habe, meinte Friedrich. Dieses Verhalten gehe über eine „normale“ Tötung aus Eifersucht und Hass hinaus. Der Angeklagte habe seine Ehefrau für das, was sie ihm angeblich angetan hat, bestrafen wollen. Das ist aus der Sicht des Juristen Mord aus niedrigen Beweggründen.

"Mein Mandant ist nicht eiskalt und abgebrüht"

„Mein Mandant ist nicht eiskalt und abgebrüht“, meinte dagegen Verteidiger Hans Bense. Man stelle sich vor: Die Ehefrau, die einzige Liebe, mit der man zwei Kinder und auch ein gemeinsames Haus hat, kehre von ihrem Liebhaber zurück. Zuvor habe der 34-Jährige sehr viel getrunken, wurde von dem späteren Opfer provoziert und sei ausgerastet. Das sei tragisch, menschlich nachvollziehbar, aber keinesfalls sittlich verachtenswert. Daher könne nur eine Verurteilung wegen Totschlags in einem minderschweren Fall in Betracht kommen. Das Urteil wird am 9. Januar verkündet. Sabine Försterling