Zwischen Neckar und Alb

Mundpartie muss sichtbar bleiben

Gehörlose Bei der Johannes-Wagner-Schule in Nürtingen wird auf die Maske während des Unterrichts verzichtet.

Friedrich Erdmann-Barocka
Friedrich Erdmann-Barocka

Nürtingen. „Die allgemeine Maskenpflicht bringt für Menschen mit Hörschädigung oder Hörbehinderung erhebliche Schwierigkeiten“, gibt Friedrich Erdmann-Barocka, der Rektor der Nürtinger Johannes-Wagner-Schule, zu bedenken. „Die Pflicht verwehrt den freien Blick auf Mund und Lippen und schränkt dadurch die Möglichkeiten von Hörgeschädigten, das gesprochene Wort abzulesen und zu verstehen, massiv ein“, sagt er. An dem sonderpädagogischen Beratungs- und Bildungszentrum für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche werden seit vergangener Woche wieder Klassen unterrichtet - im Klassenzimmer ohne Maske, aber unter konsequenter Beachtung von Hygienevorschriften und Abstandsregelungen.

„Es gibt mehrdeutige Gebärden, die bedeutungsgleich sind, wenn man das Mundbild nicht dazu sieht“, betont der Pädagoge. Deshalb begrüßt Friedrich Erdmann-Barocka es sehr, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg eine ausdrückliche Ausnahme von der Maskenpflicht einräumt für „schwerhörige oder gehörlose Menschen, die auf das Mundbild oder eine besonders deutliche Aussprache in der Kommunikation angewiesen sind“. Weder sie noch ihre Begleitpersonen oder Gesprächspartner müssen eine Maske tragen. Trotzdem wollen und müssen auch Menschen mit Beeinträchtigungen des Hörvermögens sich und andere in diesen Tagen schützen.

An der Johannes-Wagner-Schule gelten strikte Regeln: Im Schulbus müssen alle Masken tragen. Der Mund-Nasen-Schutz wird an der Tür zum Klassenzimmer abgenommen, in einer Extra-Tüte oder -Dose verstaut, jeder Schüler wäscht sich die Hände und geht an seinen Platz, der unter Einhaltung des Mindestabstands eingerichtet wurde.

Während des Unterrichts wird auf den Mundschutz verzichtet. „Wenn einzelne Schüler ihn trotzdem tragen wollen, dürfen sie das selbstverständlich tun“, betont der Rektor.

Friedrich Erdmann-Barocka hat sich kundig gemacht, ob durchsichtige Masken, Masken mit Sichtfenster oder transparente Visiere eine Möglichkeit wären, die guten Schutz bieten und trotzdem den Blick auf Mund und Lippen ermöglichen: „Leider ist alles, was wir in dieser Richtung bisher entdeckt haben, nur eine Kompromisslösung. Visiere werden eigentlich immer mit zusätzlichem Mund-Nasen-Schutz getragen. Wie stark die Ansteckungsgefahr gemindert wird, wenn nur das Visier getragen wird, kann niemand sagen.“ pm