Zwischen Neckar und Alb

Natur und Architektur in einer Tour

Teckboten-Serie „Erfahrungen“: Mit Bahn und Rad über Herrenberg und Tübingen zurück nach Kirchheim

Wenn es um die Bebauung des Kirchheimer Steingau-Areals geht, fällt seitens der Stadtplaner auch immer wieder der Begriff „Egeria-Areal“. Wer sich die Architektur im Tübinger Vorort Lustnau anschauen möchte, setzt sich in den Zug und fährt nach Herrenberg – und nimmt sein Rad mit.

Unberührte Natur erlebt man im Schönbuch (links). Moderne Stadtarchitektur präsentiert sich auf dem Egeria-Areal direkt am Necka
Unberührte Natur erlebt man im Schönbuch (links). Moderne Stadtarchitektur präsentiert sich auf dem Egeria-Areal direkt am Neckar bei Tübingen (oben). Fotos: Jörg Bächle

Kirchheim/Tübingen. In der letzten Folge geht es rund 65 Kilometer (nord-) ostwärts von Herrenberg quer durch den Naturpark Schönbuch über Bebenhausen in den Tübinger Teilort Lustnau und über den Neckartalradweg zurück nach Nürtingen und Kirchheim. Seit 2009 gibt es eine direkte Verbindung nach Herrenberg von Kirchheim – mit der S-Bahn-Linie 1: Unsere Endstation preist sich als Stadt mit historischem Flair und modernen Gedanken, eine Stadt, in der Tradition und Moderne zu einem Ganzen verschmelzen. Die historische Innenstadt mit Fachwerkhäusern, Gassen, Staffeln, Brunnen und Mauern besitzt einen der schönsten mittelalterlichen Marktplätze Württembergs. Dieses Ensemble wird von der „Glucke vom Gäu“ überragt: Die Stiftskirche ist schon von Weitem zu sehen und prägt das Stadtbild Herrenbergs.

Das erste Teilstück hat es in sich. Es führt uns hinauf zum Waldfriedhof und durch den Naturpark Schönbuch nach Bebenhausen: In Zahlen sind das 18 Kilometer mit 150 Höhenmetern, die man schnell gewinnt und langsam wieder verliert. Mit anderen Worten: Einem knackigen Anstieg folgt eine lange Abfahrt.

Zunächst verlassen wir den Marktplatz Herrenbergs nach links über die Stuttgarter Straße, einer Fußgängerzone. Dann geht es „Am Johannisberg“ hinauf bis zum Abzweig Schlossberg Herrenberg: Dieser kleine Abstecher lohnt sich auf jeden Fall, um die herrliche Aussicht auf das Gäu und den Schönbuch zu genießen. Zurück in der Spur folgt ein knackiger Aufstieg zum Waldseilgarten Herrenberg. Nach Überquerung der Hidrizhäuser Straße (L 1184) sind wir beim Parkplatz des Waldfriedhofes angelangt. Die große Schautafel verrät: Hier beginnt der Naturpark Schönbuch.

560 Kilometer Wanderwege und die abwechslungsreiche Landschaft mit einer Mischung aus Natur und Kultur machen aus dem Naturpark ein Paradies für Sportler. Besonders das Radfahren hat in den letzten Jahren einen ungeheuren Aufschwung erlebt.

Mittlerweile kommt fast ein Drittel aller Schönbuchbesucher mit dem Fahrrad. Außerdem führen Teile der baden-württembergischen Radwanderwege durch den Schönbuch. An den vielen Wasserstellen lassen sich Vögel und Insekten beobachten, am Wegrand wachsen die verschiedensten Pflanzen, und mit etwas Glück und der nötigen Ruhe kann man sogar mal ein Reh oder gar einen Hirsch zu Gesicht bekommen. Der Eisvogel soll hier auch heimisch sein.

Wir folgen den Schildern nach Bebenhausen und erreichen das nächste Etappenziel nach einer guten Stunde: Teile des mittelalterlichen Klosters wurden im 19. Jahrhundert zum Schloss umgebaut, in dem später das letzte württembergische Königspaar seinen Lebensabend verbrachte.

Wir fahren weiter Richtung Tübingen und erreichen den Vorort Lustnau nach fünf Kilometern, mit rund 10 000 Einwohnern neben der Südstadt der größte Stadtteil der Universitätsstadt.

Die Entwicklung von Lustnau ist eng mit der Geschichte der Firma Egeria verbunden. 80 Jahre lang war die Frottierwarenfabrik einer der größten Arbeitgeber in Tübingen, bis 2003 die Produktion eingestellt wurde.

2008 wurde das ehemalige Egeria-Gelände von der städtischen Grundstücksentwicklungsgesellschaft WIT erworben. Der Weg für die Einbindung in die städtebauliche Entwicklung Tübingens war frei:

Zwischen Neckar im Südosten sowie der Ammermündung im Südwesten entstand auf rund sechs Hektar ein Wohn- und Geschäftsquartier, in dem rund 700 Menschen wohnen und bis zu 100 arbeiten.

Beim Durchfahren des Areals erlebt man eine architektonische Vielfalt an Formen und Farben, die den unterschiedlichen Ideen der Bauträger geschuldet ist. Jedoch kann man das Gesehene sicherlich nicht eins zu eins auf das Eza-Areal in Kirchheim projizieren, da Egeria fast doppelt so groß ist wie das angepriesene Kirchheimer Filetstück. Zudem öffnet sich das Areal in Lustnau nach Süden zum Neckar und den unbebauten Auen dahinter. Wichtige Grünverbindungen stellen die Rad- und Fußwege entlang von Neckar und Ammer dar.

Und weiter geht es nordostwärts den Neckar entlang: 28 Kilometer sind es flussabwärts bis ins Zentrum von Nürtingen, vorbei am Baggersee in Kirchentellinsfurt und Aileswasensee. In Nürtingen geht es weiter am Neckar bis Zizishausen und in Unterensingen über die Holzbrücke nach Wendlingen und dann nach Ötlingen und Kirchheim. Achtung: In der S-Bahn und den Zügen des Nahverkehrs muss während der morgendlichen Hauptverkehrszeit (Montag bis Freitag von 6 bis 8.30 Uhr) zusätzlich ein Kinderticket fürs Fahrrad gelöst werden.