Zwischen Neckar und Alb

„Nazare Chub“ - eine gute Idee

Buchprojekt Kirstin Mörchen und David Graeter dokumentieren Geschichten von der Flucht.

Die Pädagogin Kirstin Mörchen und der Fotograf David Graeter mit ihrem Deutschbuch. Die Mitautoren Hamed und Saber sollen nicht
Die Pädagogin Kirstin Mörchen und der Fotograf David Graeter mit ihrem Deutschbuch. Die Mitautoren Hamed und Saber sollen nicht erkannt werden. Foto: Andreas Kaier

Köngen. An seinen Garten in Afghanistan erinnert sich Saber gerne. „Da habe ich immer mit meinen Kindern gespielt“, sagt der Familienvater, der seine Heimat vermisst. Als er flüchten musste, war seine jüngste Tochter gerade zweieinhalb Monate alt. In der Köngener Flüchtlingsunterkunft in der Wertstraße lernt er mit anderen jungen Männern bei der Lehrerin Kirstin Mörchen die deutsche Sprache. Sie hat gemeinsam mit dem Fotografen David Graeter ein Buch herausgegeben, das auf Geschichten der jungen Afghanen basiert.

„Nazare Chub“ - eine gute Idee - lautet der Titel des Buches, dessen Produktion der Sozialfonds und der Köngener Arbeitskreis Asyl ermöglicht haben.

Auf ihr Projekt sind die jungen Afghanen sehr stolz. „Ich habe in der Gruppe mal erzählt, dass ich gerne lese“, erinnert Saber an die Anfänge des Projekts. Mörchen brachte die jungen Männer dazu, von ihren Erlebnissen auf der Flucht zu erzählen. „Das ist schwer, ich habe Sehnsucht“, sagt Saber, der seine Frau vermisst. Ab und zu darf das Ehepaar telefonieren. Hamed sehnt sich nach seinen Eltern und den Geschwistern. Er ist Lehrer und hat Englisch studiert. Daher fällt es ihm leichter, nun Deutsch zu lernen.

Weil die Flüchtlinge Angst haben, auch hier verfolgt zu werden, wollten sie ihre Namen nicht veröffentlichen. „Damit es leichter fällt, haben wir den Erzähler Zachidad erfunden“, sagt Kirstin Mörchen. Dieser trägt biografische Züge der jungen Männer. Mörchen hat die Geschichten aufgeschrieben. „Eine klare, grammatikalisch einfache Sprache“ sollte es werden, sagt die Pädagogin. Denn sie hofft, dass auch andere Asylsuchende das Buch lesen und so mehr Sprachpraxis bekommen. „Uns ist es auch wichtig, dass die Menschen in Deutschland unsere Situation besser verstehen“, sagt Hamed. Er ist fassungslos, dass Afghanistan als sicheres Herkunftsland eingestuft werden soll.

Für den Kunst- und Theaterfotografen David Graeter war das Buchprojekt eine Herausforderung. „Die jungen Männer wollen nicht erkannt werden“, erzählt er. Denn die Angst, verfolgt zu werden, sei groß. Behutsam hat der Fotokünstler die Afghanen aus der Reserve gelockt.

In einer Auflage von 2 000 Stück haben Mörchen und Graeter das Buch drucken lassen - Hilfe bekamen sie vom Köngener Panico Alpinverlag, der sich auch um das Layout kümmerte. Die beiden möchten mit den Lesern ins Gespräch kommen. Und auch den Flüchtlingen, die in Köngen eine neue Heimat gefunden haben, ist dieser Dialog wichtig. „Ich wünsche mir, dass die Menschen hier in Deutschland verstehen, wa­rum wir unsere Heimat verlassen mussten“, sagt Saber. Elisabeth Maier

„Nazare Chub - eine gute Idee“ kostet zehn Euro. Das gebundene Buch gibt es in der Köngener Bücherecke Rehkugler, im Wendlinger Buchladen im Langhaus und beim Esslinger „Provinzbuch. Es kann auch online bezogen werden per E-Mail an buchbestellung@asyl-in-koengen.de.