Zwischen Neckar und Alb

Nervenzentrum der Energieversorgung

Energieversorgung Die neue Hauptschaltleitung der Transnet in Wendlingen wurde eröffnet. Ministerpräsident ­Kretschmann sieht das als Investition in die Zukunft. Von Sylvia Gierlichs

Die neue Hauptschaltleitung in Wendlingen wurde am gestrigen Freitag eröffnet.Foto: Ferdinando Iannone
Die neue Hauptschaltleitung in Wendlingen wurde am gestrigen Freitag eröffnet. Foto: Ferdinando Iannone

Der Freitag war ein Tag mit viel Solarenergie, sagte Jens Langbecker bei der Führung durch das neue Kontrollzentrum auf dem Gelände der Transnet in Wendlingen. 9 500 Megawatt stünden für Baden-Württemberg zur Verfügung, davon würden knapp 3 000 Megawatt allein durch Solaranlagen erzeugt. Ablesen konnte er diese Werte an einem riesigen Monitor, der das gesamte Kontrollzentrum beherrscht. Kurven, Tabellen und ein für den Laien schier undurchschaubares Gewirr von Punkten und Linien. Die Hauptschaltleitung sorgt dafür, dass in Baden-Württemberg nicht die Lichter ausgehen.

„Es freut mich, dass die Transnet viel Geld in die Hand genommen hat, um in die Zukunft zu investieren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seinem Grußwort. 50 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, dessen Bau vor zwei Jahren begonnen worden war. Und schon heute ist dort Technik installiert, mit der künftig die Einspeisung aus den Gleichstromleitungen „SuedLink“ und Ultranet, den beiden großen Übertragungsleitungen aus dem Norden, gesteuert wird.

Kretschmann rief nochmals all die Wegmarken auf, die Baden-Württemberg noch vor sich hat: die Abschaltung der Kernkraftwerke in Philippsburg und Neckarwestheim 2019 und 2022 sowie Planung und Bau der beiden Stromübertragungsleitungen „SuedLink“ und Ultranet. Dies seien Maßnahmen zur Energieeffizienz, mit denen man dem Ziel, 80 Prozent des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien zu erzeugen, näher komme. „In Wendlingen entsteht ein Teil der Infrastruktur dafür“, so Kretschmann.

Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, wies darauf hin, dass es in Deutschland vier Regelzonen gibt, „eine davon ist in Wendlingen“. Er wies ebenso darauf hin, dass man hier in der Frage der Systemsicherheit mit modernster Technik arbeite. Ausfälle von lediglich zwölf Minuten im Jahr hätte Deutschland zu verzeichnen, was in anderen Ländern großes Erstaunen hervorrufe. „Beim Betrieb eines Übertragungsnetzes geht es um die Integration erneuerbarer Energien, die Abwicklung des weiter wachsenden Stromhandels und die Koordination bei Netzsicherheit und Krisenfragen. Vieles davon passiert in der Leitwarte“, so Baake.

Dr. Hans-Josef Zimmer, Aufsichtsratsvorsitzender der Transnet, erinnerte an die Fusion der Badenwerke mit der Energieversorgung Schwaben zur EnBW im Jahr 1997. „Dies war der politische Grundstein für die heutige Energiewende. Und die EnBW ist bei dieser Transformation dabei“, sagte er. Für ihn gilt, dass es auch bei verstärktem Einsatz von erneuerbaren Energien kein Abrücken von der Versorgungssicherheit geben darf. Dass der Ausgleich zwischen Verbrauch und Erzeugung in der Balance bleibt, dafür sorge in Wendlingen nun eine der modernsten Hauptschaltleitungen Europas. Ein Abgleich mit den internationalen Partnern erfolge alle fünf Minuten. „Wir werden die Energiewende mit Entschlossenheit meistern“, ist sich Zimmer sicher.

Transnet-Geschäftsführer Rainer Joswig machte sich indes ein wenig Sorgen um einen in der Europäischen Union um sich greifenden Zentralismus. Den er für falsch hält. Seine Forderung an Staatssekretär Rainer Baake: „Die Beibehaltung der föderalistischen Struktur. Ich hoffe, dass man sich seitens der Bundesregierung dafür einsetzt“, sagte er. Der Bau der Hauptschaltleitung sei sowohl im Zeit- als auch im Finanzplan geblieben. Am Ort gibt es 85 Arbeitsplätze im Büro-Bereich, fünf in der Warte, drei für das „Network Operation Centre“ und zwei Arbeitsplätze in Reserve für die Steuerung der Gleichstrom-Einspeisung.

Zur Eröffnung gab es ein großes Aufgebot mit Ministerpräsident ­Winfried Kretschmann. Foto: Jürgen Holzwarth
Zur Eröffnung gab es ein großes Aufgebot mit Ministerpräsident ­Winfried Kretschmann. Foto: Jürgen Holzwarth