Zwischen Neckar und Alb
Neue Technik für die Wasserversorgung

Gesundheit Die Stadt Wernau wagt mit der Landeswasserversorgung ein Experiment im kleinen Weiler Freitagshof. Das Wasser kommt dann nicht mehr vom Hochbehälter, die Hauptleitung wird „angezapft“. Von Karin Ait-Atmane

Bisher kam bei den Bewohnern des Freitagshof oft eine rostige Brühe aus dem Wasserhahn. Mit einer neuartigen Technik will die Landeswasserversorgung für sauberes Wasser sorgen. Für die Versorgung des Weilers setzt die Stadt Wernau auf eine neue, bisher nicht im täglichen Einsatz erprobte Technik. Die Bewohner des Ortsteils freuen sich auf klares Wasser aus dem Hahn - das hatten sie bisher nicht immer.

Aktuell erhält der Freitagshof mit seinen rund 35 Bewohnern sein Trinkwasser vom Hochbehälter Egart, der auf der Höhe zwischen dem Ortsteil und Ötlingen liegt. Die Leitung ist rund 900 Meter lang und stammt aus dem Jahr 1963. Da die Abnahmemenge am Freitagshof zurückgegangen ist - schon deshalb, weil es nicht mehr so viel Landwirtschaft dort gibt wie vor Jahrzehnten - ist auch der Durchfluss durch die Leitung geringer. „Das führt immer wieder zu Ablagerungen, aber auch zu Rost“, erklärt Stadtbaumeister Patrick Klein. Wenn das Wasser steht, setzt es Sauerstoff frei, der mit dem Metall der Leitung reagiert.

Die Stadt hat deshalb schon seit gut 15 Jahren regelmäßig die Leitung durchgespült. „Manchmal ist danach in manchen Gebäuden erst recht braune Brühe aus dem Hahn gekommen“, sagt Gerhard Eberle vom Freitagshof, der wie einige seiner Nachbarn die Diskussion im Gemeinderat mitverfolgte. Dazu passt, dass immer wieder erhöhte Eisenwerte gemessen wurden. Zwar nur geringfügig erhöht, wie Patrick Klein betont, und gesundheitlich vollkommen unbedenklich: „Das Gesundheitsamt war und ist komplett mit einbezogen.“ Auf der Seite des Umwelt-Bundesamtes kann man zudem lesen, dass die Grenzwerte für Eisen eher aufgrund der geschmacklichen und farblichen Veränderungen des Wassers im Blick sind, aber noch sehr weit von jeglicher Gesundheitsgefährdung entfernt. Aber irgendwann ist stark eisenhaltiges Wasser eben kein Genuss mehr und hat nicht die eigentlich geforderte Qualität.

Das soll sich nun ändern. Zunächst war der Plan der Stadt, die Wasserleitung vom Behälter Egart her zu erneuern. Damit hätte man allerdings wieder eine sehr lange Leitung, die teils auf Privatgrund verlegt werden müsste. Von dieser rund 450 000 Euro teuren Lösung hat die Stadt wieder Abstand genommen und stattdessen erwogen, direkt die Landeswasserleitung anzuzapfen. Eine Zuleitung zum Unteren Filstal läuft am Freitagshof vorbei, von ihr soll ein Abzweig gebaut werden. Nach bisherigem Stand der Technik müsste dann ein separater Vorlagebehälter erstellt werden, um eine Trennung vom Fernwassernetz zu erhalten. Und es bräuchte eine mit Strom betriebene Druckerhöhungsanlage, um die Haushalte zu versorgen - was wiederum zur Abhängigkeit von der Energieversorgung und zu Folgekosten führt.

Der Prototyp muss sich noch bewähren

Die Landeswasserversorgung selbst brachte schließlich eine dritte Variante in Spiel: einen neuartigen Übergabedruckbehälter, den sie selbst entwickelt hat. Er nutzt den Vordruck aus dem Fernleitungsnetz und kommt ohne externe Energiezufuhr aus. Der Behälter sei patentiert und getestet, erklärt Frieder Haakh, der Technische Geschäftsführer der Landeswasserversorgung. Es handle sich um einen „Prototyp, der sich erst noch bewähren muss“, das Versorgungsunternehmen sei aber überzeugt, dass diese Lösung funktioniere. Auch die Störanfälligkeit beschrieb er auf Nachfrage aus dem Gremium als eher gering, weil der Behälter ja auf mechanischen und thermodynamischen Grundprinzipien beruht. Die Landeswasserversorgung, die großes Interesse hat, die Technik im Alltag zu erproben, ist bereit, in Wernau das Risiko zu tragen.

Die Ratsmitglieder konnte der Geschäftsführer mit seinen Erklärungen zu der Erfindung überzeugen. Die Strömungsenergie des Wassers in der Fernleitung wird genutzt, um Luft anzusaugen und in den Zulauf des Behälters einzuspeisen. Dadurch baut sich im Behälter ein Luftpolster auf, das wiederum ausreichend Druck erzeugt, um die Gebäude mit Wasser zu versorgen. „Technologisch scheint die Lösung absolut bestechend“, meinte Stefan Prakesch (Grüne), und auch andere zeigten sich „begeistert“ wie Alfred Freistädter (Freie Wähler) oder „regelrecht fasziniert“ wie Jürgen Haas (Freie Wähler). Auch Bürgermeister Armin Elbl lobte den Ansatz als umweltfreundlich und innovativ. Zwar liegen keine genauen Zahlen vor, aber diese Lösung wäre auch die kostengünstigste Variante.

Zudem kann die Sache relativ kurzfristig installiert werden. Zunächst muss der Abzweig von der Fernwasserleitung gebaut werden, dann braucht der patentierte Behälter noch eine Einhausung zum Schutz. Er könnte aber auch in einem bestehenden Gebäude untergebracht werden. „Wenn wir eine Halle mieten könnten, würde es natürlich sehr schnell gehen“, sagt der Stadtbaumeister. Eventuell könnte man schon bis Ende September fertig sein, auf jeden Fall bis Jahresende, so Klein. Der Gemeinderat entschied sich einstimmig für das Experiment. Und was sagen die Freitagshof-Bewohner? „Hauptsache, es passiert was“, so Willi Schmid.