Zwischen Neckar und Alb

In Nürtingen ging nichts mehr

Stromausfall Eine Explosion am Strom-Hauptschalter der Nürtinger Stadtwerke sorgte gestern dafür, dass die gesamte Stadt über Stunden ohne Strom war.

Ein Großaufgebot der Feuerwehr war bei den Stadtwerken Nürtingen im Einsatz. Foto: Klemke

Es war kurz vor 13 Uhr, als im Stadtgebiet auf einen Schlag sämtliche Ampeln ausfielen, Aufzüge stehen blieben, in den Betrieben Computerbildschirme schwarz wurden, Bankautomaten keine Scheine mehr ausspuckten, Kassensysteme ihren Dienst verweigerten und auch ein Großteil der Mobilfunknetze schlappmachte.

Während Wartungsarbeiten im Umspannwerk Steinach kam es aus bisher ungeklärten Gründen zu einer Störung. Das führte zu einem Kurzschluss und einer Verpuffung mit Lichtbogen an einem der beiden Hauptschalter für die Nürtinger Stromversorgung. „Normalerweise wird die Stromversorgung dann über eine zweite Leitung gesichert. Wegen der Wartungsarbeiten hatten wir heute aber nur eine aktive Leitung. Das ist natürlich der absolute Super-GAU“, sagte Volkmar Klaußer, Geschäftsführer der Stadtwerke: „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, so Klaußer sichtlich aufgewühlt.

Nur unter schwerem Atemschutz betraten die Feuerwehrleute die Halle der Stadtwerke. „Das dürfte ordentlich geknallt haben“, sagte Andreas Nitsch, Pressesprecher der Kreisfeuerwehr Esslingen, zu dem Unfall an der Schalttafel. Die Mitarbeiter in der Halle kamen mit dem Schrecken davon, flüchteten sofort nach draußen. Denn durch die Explosion wurde die Isolierung am Hauptschalter beschädigt, aus der ein gefährliches Edelgas austrat.

Um 13.25 Uhr ging bei der Feuerwehr Nürtingen Stadtmitte der Alarm ein. Mit einem Großaufgebot von 36 Einsatzkräften kamen die Feuerwehrleute zu den Stadtwerken, darunter der Feuerwehrmesszug aus Ostfildern, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn irgendwo gefährliche Gase austreten. Außerdem das DRK und zahlreiche Polizeibeamte.

Zwei Messungen wurden gemacht, um die Konzentration der gefährlichen Stoffe in der Luft zu ermitteln. „Drei bis vier Kilogramm des Gases konnten aus der Isolierung entweichen“, so Krämer. Jedoch bestand für die Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr. Nachdem beide Messungen keine bedenklichen Werte anzeigten, betraten die Ingenieure gegen 15.30 Uhr die Halle, um sich ein Bild von dem entstandenen Schaden zu machen. Kurze Zeit später, gegen 15.50 Uhr, gingen die Lichter bei den Stadtwerken wieder an, anschließend auch im Rest der Stadt.

Und was bedeutet eine solche Katastrophe für die Medius-Kliniken auf dem Säer? „Bei einem Stromausfall wird der komplette Betrieb bei uns zunächst auf Batterieversorgung umgestellt“, teilte Klinikdirektor Norbert Nadler auf Nachfrage mit. Die Patientenversorgung ist damit zu jeder Zeit gesichert und begonnene Operationen wurden zu Ende geführt. Außerdem haben die Medius-Kliniken ein Notstromaggregat und einen Tank mit 100 000 Litern Diesel. Für das komplette Haus gebe es eine Sicherheitslinie, die bei Stromausfall alles regle. Die hat auch gestern funktioniert, denn auf den Stationen lief alles ganz ruhig ab. Bei einem Stromausfall bleibe auch niemand in den Aufzügen stecken, die fahren immer bis zum nächsten Stockwerk und die Türen öffnen sich automatisch. Außerdem, so Nadler, sei über die Notstromversorgung sichergestellt, dass die Aufzüge, die zu den Operationssälen führen, in Betrieb sind. „Wir müssen die Patienten ja vom OP auf die Stationen bringen.“ Alle Operationen, die für den Nachmittag geplant waren, wurden verschoben. Außerdem hat sich das Klinikum mit den Rettungsdiensten abgestimmt, damit alle Notfälle in die umliegenden Krankenhäuser gebracht wurden.

Eine endgültige Entwarnung konnten die Stadtwerke Nürtingen gestern Abend aber noch nicht geben: „Die Stadt wird derzeit im Notbetrieb mit Strom versorgt. Wenn jetzt irgendein Schaden an der Strom-Leitung passiert, hätten wir wirklich ein Problem“, sagte Klaußer. Man müsse das Problem im Laufe des heutigen Tages dringend beheben: „Wir haben normalerweise Gürtel und Hosenträger, derzeit haben wir nur den Gürtel.“ nz

TB-Symbolbild: Markus Brändli