Zwischen Neckar und Alb

Nürtingen will Anteile zurück

Weitergabe der EnBW-Anteile in Beteiligungsgesellschaft sei nicht rechtmäßig

Der Energieversorger EnBW hält 29 Prozent der Geschäftsanteile der Nürtinger Stadtwerke, die restlichen Anteile sind im Besitz der Stadt Nürtingen. Diese will die EnBW-Anteile zurückkaufen.

Die Stadt Nürtingen will die Anteile der EnBW an seinen Stadtwerken zurückkaufen. Foto: Jürgen Holzwarth
Die Stadt Nürtingen will die Anteile der EnBW an seinen Stadtwerken zurückkaufen. Foto: Jürgen Holzwarth

Nürtingen. Im Oktober letzten Jahres trafen sich Vertreter der Stadt und der EnBW vor dem Landgericht Stuttgart. Die Stadt hatte geklagt. Der Grund: Bis 2007 waren die Stadtwerke-Anteile bei der EnBW-Tochter EnBW Regional AG, der heutigen Netze BW GmbH. Diese übertrug dann ihre Anteile auf die EnBW Kommunale Beteiligungsgesellschaft (EKB). Eben das hätte sie nach Ansicht der Stadt nicht tun dürfen, zumindest nicht ohne Zustimmung der Stadt als Mitgesellschafter. Die Stadt erfuhr davon erst 2014 und beschritt darauf den Klageweg.

Die Begründung zu diesem Schritt: Bei der EKB handle es sich um eine reine Beteiligungsgesellschaft, die im Gegensatz zu einer operativ tatsächlich tätigen Gesellschaft wie der EnBW relativ einfach an irgendeinen Finanzinvestor verkauft werden könnte. Dieser sei dann, wie im Moment noch die EnBW, im Aufsichtsrat der Stadtwerke vertreten und hätte laut dem Gesellschaftervertrag ein Vetorecht in wichtigen Fragen.

Bereits in der Vergangenheit, so die Auskunft der Pressestelle der Stadt, habe es wegen des Vetorechts unliebsame Diskussionen mit der EnBW gegeben. Welcher Art, darauf geht die Stadt nicht konkret ein. Wenn man aber weiß, dass die drei EnBW-Vertreter im Stadtwerke-Aufsichtsrat aus den Bereichen Vertrieb und Netz kommen, liegen die Probleme möglicher Interessenkonflikte auf der Hand.

So ist die EnBW infolge der Energiewende über die Stromversorgung hinaus mittlerweile auf der Suche nach weiteren Geschäftsfeldern. Die Anteile der EnBW betreffen die Sparte Wasser, Gas, Wärme und Strom, zu der inzwischen auch die Versorgung mit Internetleitungen zählt. Bei Letzterem ist die EnBW inzwischen ebenso wie Stadtwerke aktiv. Die für die Stadtwerke ungute Situation bestätigt die städtische Pressestelle: „Das kann vor dem Hintergrund der Liberalisierung der Märkte kritisch gesehen werden.“

Hatte man mit der EnBW noch einen Partner, mit dem man traditionell zum Beispiel auch über die Stromnetze verbunden war, wäre ein eventueller Finanzinvestor, an den die Anteile fallen könnten und der laut der Pressestelle der Stadt ebenfalls mit einem Vetorecht ausgestattet wäre, wohl sehr viel unberechenbarer. Als die EnBW 2007 der Stadt signalisierte, ihre Anteile in ihre Beteiligungsgesellschaft geben zu wollen, pochte die Stadt darauf, bei einem Weiterverkauf ein Vorkaufsrecht für ihre Anteile zu bekommen. Dieses Recht wollte die EnBW der Stadt aber nicht einräumen. Laut dem Gesellschaftervertrag mit der EnBW darf diese ihre Anteile aber nicht ohne Zustimmung der Stadt in eine neue Gesellschaft wie jetzt der EKB weitergeben.

Wie sich 2014 herausstellte, gingen die Anteile aber dennoch 2007 auf die EKB über, auch wenn dies auf verschiedene Nachfragen seitens der Stadt Nürtingen immer wieder verneint worden war. Als die Tatsache dann aber mehr durch einen Zufall ans Licht kam, fühlte sich die Stadt eklatant übergangen, Oberbürgermeister Otmar Heirich soll vor dem Landgericht das Vorgehen der EnBW gar als Gutsherrenart bezeichnet haben.

Die Stadt forderte deshalb ihre Anteile zurück, und die Chancen dafür scheinen nicht schlecht zu stehen. Richter Thomas Wetzel sprach zwar noch kein Urteil, deutete aber an, dass eine solche Beschädigung des Vertrauensverhältnisses schwerwiegend sei.

Bei der EnBW scheint man größeren Schaden vermeiden zu wollen und ist offenbar bereit, dem Verkauf der Anteile an die Stadt entsprechen zu wollen. Das Gerichtsverfahren ist deshalb im Moment ausgesetzt. Bei der Pressestelle der Stadt heißt es, dass man nun versuche, sich auf einen Gutachter zu einigen, der die Anteile bewerten soll. Die EnBW sei vor sechs Jahren noch von einem Wert von sieben Millionen Euro ausgegangen, nenne nun aber einen wesentlich höheren Betrag, heißt es vonseiten der Pressestelle der Stadt.

Gefragt zur Finanzierung des Rückkaufgeschäfts, hält sich die Stadt bedeckt, es gebe verschiedene Modelle, heißt es. Ein Minusgeschäft dürfte es mittelfristig aber nicht werden, fährt die betreffende Sparte der Stadtwerke im Gegensatz zur eher defizitären Sparte mit den Bädern, an der die EnBW nicht beteiligt ist, Überschüsse ein. Die regelmäßig an die EnBW ausgezahlten Gewinnanteile verblieben künftig bei der Stadt.