Zwischen Neckar und Alb

„Nur gemeinsam sind wir stark“

Porträt Renate Mutschler ist von den 68ern geprägt und kämpft engagiert für Frauenrechte.

Renate Mutschler stammt aus Kirchheim und macht sich in der Region für Frauenrechte und Flüchtlinge stark.Foto: Giacinto Carlucc
Renate Mutschler stammt aus Kirchheim und macht sich in der Region für Frauenrechte und Flüchtlinge stark. Foto: Giacinto Carlucci

Göppingen/Kirchheim. Sie könne es nicht leiden, „wenn man als Frau nicht für seine Belange kämpft“, sagt die schlanke Frau und schaut schon wieder in ihren Terminkalender. Denn Renate Mutschler ist ständig unterwegs. Sie ist seit einem Jahr eine der drei Sprecherinnen des Interkulturellen Frauenrats in Göppingen und Mitorganisatorin von Veranstaltungen wie dem Internationalen Frauentag. Als Netzwerkerin fühlt sie sich am wohlsten unter Kolleginnen. „Ich selbst kann mich wehren, aber nur gemeinsam sind wir stark“, ist ein Motto von Mutschler.

Ungerechtigkeiten regen sie auf und man sieht einen Zorn im Gesicht der ansonsten eher besonnenen Frau aufblitzen, wenn sie über den Syrien-Krieg spricht. Der türkische Präsident Erdogan führe völkerrechtswidrig Krieg und niemand positioniere sich. Nicht die deutsche Regierung, die mache nur Deals, und nicht Europa. Couragiert fragt Mutschler, was es denn da noch zu schwätzen gebe bei massivsten Menschenrechtsverletzungen. Es seien Maßnahmen gefragt. Ein „Rumeiern und nachher beleidigt sein“ ist nicht ihre Sache, deshalb will sie Menschen überzeugen, von unten her den Druck zu erhöhen, damit endlich der Krieg beendet werde.

Renate Mutschler ist in Kirchheim geboren und von Beruf Krankenschwester. Ihre Ausbildung hat sie in Esslingen absolviert und danach in verschiedenen Kliniken gearbeitet, bis sie mit ihrem Mann 1977 nach Göppingen zog. Nach der letzten Arbeitsstelle in der Klinik am Eichert ist sie vor drei Jahren in den Ruhestand gegangen, hilft aber immer noch bei der Dialyse aus. Die 68er hätten sie geprägt. Auch das Elternhaus, und hier insbesondere der Vater, hätten sie ermuntert, immer klar zu sagen, was sie denke. Wenn dies falsch sei, könne man die Einstellung korrigieren oder sich entschuldigen.

Dass sie nicht nur bei Worten bleibt, zeigt ihre zweimonatige Reise nach Kobane in Syrien 2015, wo sie am Aufbau eines Gesundheitszentrums mithalf. Sie habe viele Frauen an der türkisch-syrischen Grenze kennengelernt, von denen sie beeindruckt gewesen sei, sagt Mutschler. Die Frauen setzten sich für Frieden und Demokratie ein. Dabei müssten sie sich „erst mal von den patriarchalen Strukturen befreien“.

Nach der Reise hat sie sich ehrenamtlich beim baden-württembergischen „Projekt für 1 000 jesidische Frauen und Kinder“ engagiert und betreut dort traumatisierte Menschen. Hilfe zu mehr Selbstständigkeit und Orientierung in Deutschland ist ihr hierbei besonders wichtig. Mutschler weist zudem auf das Buch hin mit dem Titel „Frauen Afrikas erheben sich“, das 2017 erschienen ist. Die Göppinger Mitglieder im Frauenverband „Courage“ hätten dazu eine besondere Beziehung, weil sie einen Teil ins Deutsche übertragen haben.

Ob bei diesen Aktivitäten noch Zeit für Privates bleibt, das bejaht die schlagfertige Rentnerin. Sie ist gerne in der Natur und macht bei den Naturfreunden manchmal im Boßlerhaus Hüttendienst. Und sie ist schon wieder an ihrem Kalender, um keine Aktivitäten zu versäumen. Annerose Fischer-Bucher