Zwischen Neckar und Alb

Obdachlose quälen Mitbewohner mit der Beißzange

Gericht Zwei Männer aus Oberesslingen sollen einen 51-Jährigen gefoltert haben – alles für ein bisschen Bargeld.

Symbolfoto

Stuttgart/Esslingen. Zwei Männer im Alter von 59 und 53 Jahren müssen sich derzeit wegen versuchten Mordes, Körperverletzung und besonders schweren Raubes vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Die beiden sollen im Juni 2017 einen Mitbewohner in einer Obdachlosenunterkunft in Esslingen stundenlang mit Bierflaschen, Faustschlägen, Tritten und sogar mit einer Beißzange malträtiert haben, um dem Schwerverletzten letztlich seine Armbanduhr und einen geringen Geldbetrag wegzunehmen.

Doch nicht nur die Vorwürfe gegen die vor der 1. Schwurgerichtskammer angeklagten Obdachlosen wiegen schwer, sondern auch die Art und Weise der Durchführung, die folterähnliche Züge trägt. Das Opfer, ein Mitbewohner, konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden.

Die drei Männer tranken gemeinsam

Laut Oberstaatsanwalt soll sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni Grauenvolles in einer Gemeinschaftsunterkunft in Oberesslingen ereignet haben: Die beiden Angeklagten tranken gemeinsam mit dem späteren Opfer auf dessen Zimmer übermäßig viel Alkohol. Der 51-Jährige soll sich über die Unordnung, die seine Besucher hinterlassen haben, aufgeregt haben. Es folgte eine verbale Auseinandersetzung, die eskalierte. „Die Angeklagten wollten dem Mitbewohner eine körperliche Abreibung verpassen“, meinte der Oberstaatsanwalt. Der 59- und der 53-Jährige sollen den Jüngeren mit Bierflaschen, Faustschlägen und Tritten gegen den Kopf malträtiert haben.

Doch nicht genug. Mit einer Beißzange wurde dem 51-Jährigen ein Stück des linken Ohrläppchens und des linken Zeigefingers abgezwickt. Mit einem Gartenschlauch, an dessen Ende ein Metallring angebracht war, wurde das Opfer ausgepeitscht. Mit einem Hammer droschen die Täter auf dessen Kniescheiben ein. Um den Mitbewohner zu verspotten, soll das Duo dem blutüberströmten Schwerverletzten noch die Fußnägel lackiert und den Nagellack über den Kopf geschüttet haben. Anschließend flüchteten die Angeklagten mit der Armbanduhr des 51-Jährigen sowie einem geringen Geldbetrag. Der jüngere Angeklagte alarmierte später jedoch Polizei und Rettungskräfte. Das Opfer hatte Einblutungen ins Gehirn und in den Brustraum erlitten, das Nasenbein und mehrere Rippen waren gebrochen, das Gesicht war mit zahlreichen Blutergüssen übersät.

Eltern waren Alkoholiker

An die 30 Jahre seines Lebens habe er inzwischen im Knast verbracht, berichtete der 59-jährige Angeklagte. Seine Eltern seien Alkoholiker gewesen. Mit neun Jahren habe er angefangen, heimlich die Reste aus den Flaschen zu trinken. Drei Jahre später seien Drogen hinzugekommen. Er sei von einem Kinderheim ins andere gewandert, bald folgten Erziehungsheime. Überall habe er sich geprügelt, und um seinen Alkohol- sowie Drogenkonsum zu finanzieren, sei er alsbald straffällig geworden. Mit 15 Jahren folgte die erste Jugendstrafe auf Bewährung. Wenn der Angeklagte mal auf freiem Fuß war, habe er sich herumgetrieben und auf der Straße gelebt. Angaben zur Tat selbst haben er und der Mitangeklagte bisher nicht gemacht. Der Prozess geht am 16. Januar weiter. Sabine Försterling