Zwischen Neckar und Alb

Öko-Etikett macht das Rennen

Auszeichnung Beim Innovationspreis des Landkreises Esslingen landete das Unternehmen Schäfer-Etiketten aus Wolfschlugen auf Platz eins. Zehn Firmen hatten es ins Finale geschafft. Von Harald Flößer

Geballte Schöpferkraft: Die Finalisten des Innovationspreis-Wettbewerbs mit den Festrednern und Landrat Heinz Eininger (links).
Geballte Schöpferkraft: Die Finalisten des Innovationspreis-Wettbewerbs mit den Festrednern und Landrat Heinz Eininger (links). Fotos: Roberto Bulgrin

Vor zwei Jahren war es Pinion, die kleine Firma aus Denkendorf, die die Fahrradwelt mit ihrem Schaltgetriebe revolutionierte, jetzt ist es das Wolfschlugener Unternehmen Schäfer, das mit seinen weltweit ersten selbstklebenden Etiketten aus 100-prozentig recyceltem Polyethylen für Schlagzeilen sorgt. Es steckt jede Menge Erfindergeist in den kleinen und mittelständischen Firmen im Landkreis Esslingen. Wer das bislang anzweifelte, dem wären in der Kundenhalle der Esslinger Kreissparkasse die Augen aufgegangen. Was da an Schöpferkraft präsentiert wurde, kann sich mehr als sehen lassen.

Zum neunten Mal hatte die Wirtschaftsförderung des Landkreises Esslingen den Innovationspreis ausgeschrieben. Nach 39 Bewerbungen vor zwei Jahren hatten diesmal nur 23 Kleinunternehmer und Mittelständler ihre Erfindungen und kreativen Produkte eingereicht. Zehn davon schafften es ins Finale und zu einer öffentlichen Würdigung vor großem Publikum. Auf das Podium der drei Besten schafften es neben Schäfer-Etiketten das Esslinger Start-up-Unternehmen RP Engineering mit einem innovativen Messgerät für Seile und Comemso aus Ostfildern-Ruit, das mit einem kleinen Tester für E-Ladestationen die Fachwelt begeistert.

„Die weltweiten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich nahezu täglich“, sagte Landrat Heinz Eininger, Schirmherr des Wettbewerbs. Protektionismus, Brexit, die Krisen im Nahen und Mittleren Osten verunsicherten auch die Unternehmen und vor allem die Menschen hierzulande. „Gleichzeitig stehen wir am Beginn der vierten industriellen Revolution. Die Digitalisierung verändert unser Leben“, so Eininger. Der Landkreis stelle sich diesen Aufgaben. Bereits 2017 habe man einen Zukunftsdialog ins Leben gerufen, bei dem Politik, Wirtschaft und Verwaltung gemeinsam Lösungsansätze und Strategien entwickelt haben. Als eine der größten Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort sieht Eininger den Transformationsprozess in der Automobilindustrie. Derzeit werde ein kreisweites Elektromobil-Konzept erstellt, das neben der Ladeinfrastruktur den Fuhrpark des Landratsamtes sowie Chancen und Risiken für den öffentlichen Nahverkehr im Auge hat. „Auch für die Brennstoffzelle sehen wir Zukunftschancen“, sagte der Landrat. Gemeinsam mit der Hochschule Esslingen habe der Landkreis das Projekt „Emissionsfreie Straßenmeisterei“ mit wasserstoffbetriebenen Schwerlastern gestartet.

Als Gastredner setzte sich Professor Stefan Reindl, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen, genau mit diesem Thema der Transformation in der Autobranche auseinander. „Wir müssen uns gewaltig verändern“, war seine Botschaft, die er mit zum Teil deutlichen Worten darlegte. Vor allem müsse man „endlich aufhören, alles schlecht zu reden“. Deutschland brauche eine integrierte Mobilität, die ökologischen wie ökonomischen Anforderungen genüge. Mobilität von morgen benötige eine Offenheit für neue Technologien. Es gehe zudem darum, Verkehr zu vermeiden, zu optimieren und zu verlagern.

Fahrverbote hält Stefan Reindl, der selbst, wie er verriet, einen Porsche fährt, für „Blödsinn“. „Warum die Existenz des Verbrennungsmotors noch künstlich 20 Jahre hinauszögern?“, fragte der Professor provokant. Viel besser sei es, Fristen zu setzen. „Das gibt allen Sicherheit.“ Die größten Chancen sieht der Wissenschaftler im batterie-elektrischen Antrieb. Vor allem müsse man bei der Frage des Antriebs von morgen „endlich einen Schwerpunkt setzen und in irgendeine Richtung Gas geben“.

Ihre selbstklebenden Etiketten aus Recyclingkunststoff sind eine Weltneuheit: Helmut Weidle, Marketing- und Vertriebsleiter bei
Ihre selbstklebenden Etiketten aus Recyclingkunststoff sind eine Weltneuheit: Helmut Weidle, Marketing- und Vertriebsleiter bei Schäfer-Etiketten, geschäftsführender Gesellschafter Jörg Gottlieb und Volker Hurth, Branchenmanager Kosmetik, (von links) freuen sich über die Auszeichnung.

Unternehmen liefern gute Ideen hoch zehn

Platz eins: Hinter der Abkürzung „rPE“ verbirgt sich eine Erfindung, auf die schon viele namhafte Kosmetikhersteller setzen und die bereits mit dem Deutschen Verpackungspreis ausgezeichnet wurde: das weltweit erste selbstklebende Etiketten-Material aus 100-prozentig recyceltem Polyethylen. Die Firma Schäfer-Etiketten aus Wolfschlugen landete damit beim Innovationspreis ganz oben und erhielt ein Preisgeld von 15 000 Euro.

Platz zwei: Erst vor drei Jahren gründeten Maximilian Pohl und Stefan Reiser die Firma RP-Engineering in Esslingen. Nun haben sie Platz zwei belegt und eine Prämie von 10 000 Euro für ihr Messgerät erhalten, mit dem sich die Kräfte, die auf ein Seil wirken, bestimmen lassen. Im Gegensatz zu anderen Produkten muss das Seil nicht aufgetrennt werden. Die Markteinführung steht kurz bevor.

Platz drei: Dass nicht genügend Ladestationen vorhanden sind, ist ein Grund für die zögerliche Anschaffung von Elektroautos. Die 2009 gegründete Firma Comemso aus Ostfildern hat eine Erfindung auf den Markt gebracht, mit der sich die Funktionalität einer Ladestation leicht überprüfen lässt: 5000 Euro Preisgeld und Platz drei für ihren Mini-Charger-Tester.

Finalteilnehmer waren außerdem die Firmen Daidalos inox profile systems aus Leinfelden-Echterdingen, Kurz Karkassenhandel aus Wendlingen, Margret Lutz (MLV) aus Nürtingen, mayersport Mayer aus Ostfildern-Ruit, Mercedes-Benz Fuel Cell aus Kirchheim, mk-messtechnik aus Notzingen und Schempp-Hirth Flugzeugbau aus Kirchheim.hf