Zwischen Neckar und Alb

„Panama kannte früher keine Sau“

Kunst Der Maler Janosch machte nach der großen Ausstellung in Nürtingen eine Stippvisite am Neckar. In Reudern eröffnete er eine kleine Schau. Von Andreas Warausch

Janosch signierte bei Brigitte Kuder-Bross (im Hintergrund) in ihrer Galerie „Die Treppe“ bereitwillig Bücher und führte das ein
Janosch signierte bei Brigitte Kuder-Bross (im Hintergrund) in ihrer Galerie „Die Treppe“ bereitwillig Bücher und führte das eine und andere Gespräch. Foto: Andreas Warausch

Drängend eng ist es in der Galerie „Die Treppe“ in Reudern. Viele sind gekommen, um ihn zu sehen: Den Vater der Tigerente, den Mann, der den kleinen Tiger und den kleinen Bären einst nach Panama losschickte. Mit diesen Kinderbüchern machte Janosch ein Vermögen. Das ermöglicht es ihm, in seinem ganz eigenen Panama zu leben. Das liegt jetzt auf Teneriffa. Von dort kommt der gebürtige Schlesier nur selten nach Deutschland.

Im Winter waren in der Nürtinger Kreuzkirche bei einer Ausstellung der Stadt in Kooperation mit der Reuderner Galeristin Brigitte Kuder-Bross unter dem Titel „Hinterm Horizont geht’s weiter - Riesenparty für zwei Tiger“ Bilder von ihm und Udo Lindenberg ausgestellt. Und jetzt wurden in diesem Zusammenhang Spendenschecks für krebskranke Kinder übergeben. Außerdem wurde eine kleine Schau mit Werken von ihm in der Galerie „Die Treppe“ eröffnet.

86 Jahre ist er nun alt. Und selten tritt er in der Öffentlichkeit auf. Ein großer alter Mann sitzt da - mit einer ganz leisen Stimme. So viele Kinder und deren Eltern hat er glücklich gemacht. Doch wer schon Interviews mit ihm gelesen hat, weiß, dass ihn das auch nicht so richtig glücklich gemacht hat, könnte man meinen.

Vor all den Menschen, die auf eine Signatur in einem seiner Bücher warten, nimmt er sich eine Viertelstunde Zeit für ein Gespräch mit der Presse. Und irgendwie scheint man dabei gleich drinzustecken in einem oft auch traurigen Leben.

Laut müsse man sprechen, denn er habe früher an lauten Maschinen gearbeitet - deshalb höre er sehr schwer. Ein Auge sei auch nicht mehr original. Aber jammern wolle er dann doch nicht. Er sei unempfindlich gegen alles mögliche. Auch verteufelte Fragen könne man stellen, kein Problem. Zehn Stunden könnte das Gespräch ruhig dauern. Auch kein Problem. Denn er atme Yoga-mäßig exakt viermal in der Minute ein und aus.

Ob er ein Individualist sei? Nein. Lieber ein Querulant: „Das ist einer, der querschießt.“ Das tue er immer. Wobei man nicht richtig wissen könne, was quer sei. Auf die Perspektive kommt es eben an. „Wenn Sie mich morgen das Gleiche fragen, gebe ich eine andere Antwort.“ Wie lange er hier ist? Was er hier noch tut? Er wisse es nicht: „Ich habe keine Pläne.“ Sein Team schon.

Ein melancholischer Schalk scheint ihm im Nacken zu sitzen. Und wenn er weitererzählt, wird es noch trauriger. „Früher war ich ein Säufer“, sagt er. Bis vor 51 Jahren. Mit 13 habe er in der Schlosserlehre in Polen von seinem Meister Schnaps bekommen. Der konnte jeden Tresor öffnen. Und er bekomme heute noch jede Tür auf, ohne sie zu zerstören.

Und dann wird’s noch trauriger. Nein, eine schwere Kindheit habe er nicht gehabt. Aber eben Pech: „Ich habe halt die falschen Eltern gekriegt.“ Der Vater soff und schlug ihn. Gibt es deshalb in seinen Geschichten oft Tiere statt Menschen? Er wiegelt ein bisschen ab. Das sei halt eine Idee. Und Ideen habe er immer. Vor allem im Yoga-Kopfstand. Aha. Seine Kunst ist eine Arbeit wie andere auch. Ein Schuhmacher denke ja auch nicht über seine Arbeit so tief nach. Wobei: Seine Arbeit sei immerhin leichter, als Rohre zu verlegen, meint er. Und wie kam er auf die Tigerente, die so viele Kinder glücklich macht? Ein Kind habe ihm eine Holzente geschickt. Dann machte er eben die Streifen darauf. Auch so eine Idee. Mehr habe er nicht darüber nachgedacht.

Und Panama? Nur ein Zufall. Im Radio sei ein Bericht darüber gekommen. Dann hat er das halt zum Sehnsuchtsziel für den kleinen Tiger und den kleinen Bären auserkoren. Aber er sei dann doch mal dort gewesen. Ganz schön da. Der Präsident habe ihm einen Orden verliehen. „Der hat gesagt: Früher kannte keine Sau Panama. Jetzt kennt’s jeder“, berichtet der Schalk. Der Orden sei zwar nicht aus Gold gewesen, aber immerhin. Ja, manchmal ist wirklich nicht jedes Leben, das glänzt, voller Gold.