Zwischen Neckar und Alb

Pfarrer Brändle zieht‘s zurück zur Kirche

Investitur Der frühere Weilheimer Pfarrer Peter Brändle übernimmt nach einem mehrjährigen Ausflug in die Wirtschaft die Pfarrstelle in Wendlingen. Von Sylvia Gierlichs

Pfarrer Peter Brändle in seiner neuen Wirkungsstätte, der Eusebiuskirche. Foto: Ralf Just
Pfarrer Peter Brändle in seiner neuen Wirkungsstätte, der Eusebiuskirche. Foto: Ralf Just

Kaum ein halbes Jahr ist es her, dass sich Ute Biedenbach und Stefan Wannenwetsch aus Wendlingen verabschiedet haben. Das Pfarrerehepaar war 20 Jahre in Wendlingen. Erfreulich ist, dass die Stelle, die beide gemeinsam ausfüllten, nicht lange vakant blieb. Ab dem 1. Januar ist Pfarrer Peter Brändle ihr Nachfolger.

Peter Brändle kommt aus der Region, ist in Nürtingen geboren und verbrachte die ersten fünf Jahre in Altenriet. Die Familie seines Vaters ist im Bäckerhandwerk tief verwurzelt. Eine Tradition allerdings, der der Vater nicht folgte. Als Therapeut zog er mit der Familie nach Wilhelmsdorf, wo er in einer Suchtklinik arbeitete. Die Arbeit des Vaters mit den Menschen in der Suchtklinik, mit Menschen, die mit Brüchen in ihrem Leben umzugehen lernen mussten - das prägte Peter Brändle. Und er entschied sich, Theologie zu studieren. Tübingen, Edinburgh und Bochum waren die Stationen des Studiums.

Das Berufsleben begann dann in Rottweil, wo Brändle eine Stelle als Vikar antrat. Die nächste Station war Pliezhausen. Wo sein katholischer Gegenpart übrigens Pfarrer Achille Mutombo war, dessen ansteckendes Lachen heute durch Frickenhausen schallt. „Die Gegend hat mir und meiner Familie gefallen, deswegen bewarb ich mich in Stellenteilung mit meiner Frau auf die Pfarrstelle in Mittelstadt“, erzählt Brändle. Wie schon in Pliezhausen war es ihm wichtig, näher bei den Menschen zu sein, eine Brücke zu schlagen von der kirchlichen in die weltliche Gemeinde.

In Mittelstadt organisierte er deswegen eine Veranstaltung mit Musik, Kabarett und einem Kinderprogramm. Er holte die Mittelstädter Vereine ins Boot. „Die hatten eigentlich gar nicht so viel mit der Kirche am Hut“, erinnert sich Brändle. Das Fest wurde ein großer Erfolg. „Es hat vieles am Ort bewegt, auch für den Glauben“, ist sich der Pfarrer sicher. Und es war diese Veranstaltung, bei der deutlich wurde, dass Brändle ein Pfarrer ist, der lieber in die Gemeinde hinausgeht, statt darauf zu warten, dass die Menschen zu ihm kommen.

Die Kirche in die Mitte der Stadt und damit auch in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, das ist es, was Peter Brändle auch in Wendlingen vorhat. Denn dieser Anspruch zieht sich durch sein ganzes bisheriges Leben als Pfarrer. So auch in der Stadt, die nach Mittelstadt seine nächste Station war: Weilheim. Hier holte er das Gemeindefest, das bisher im Gemeindehaus der Kirche stattfand, auf den Platz vor der Peterskirche. Gutes Essen, gute Getränke, viel Spaß - „das lief super“, sagt Brändle. Klar, das kostet Geld. Doch das Fest hat sich immer selbst getragen, sogar Gewinne erzielt. Und mit einem Sponsorenlauf konnten jährlich etwa 10 000 Euro für Projekte inner- und außerhalb der Gemeinde erwirtschaftet werden. Die Stiftung Peterskirche, in dessen Stiftungsrat Mitglieder des Kirchengemeinderats, Vertreter der Bürgerschaft und der Kommune sitzen, wurde 2009 von ihm mitbegründet. Mit der Stiftung wurde der Erhalt der 600 Jahre alten Peterskirche in den Verantwortungsbereich aller Weilheimer Bürger gelegt.

Auftritt als Kabarettist

Eine weitere Veranstaltung mit dem Titel „Kreuz und quer“ füllte die Limburghalle - für ein Event mit kirchlichem Bezug ziemlich ungewöhnlich. Daraufhin fragte ihn der Weilheimer Reitverein als Kabarettist für einen Auftritt im Rahmen des großen Weilheimer Reitturniers an. „Ich sagte zu. Unter der Bedingung, auch einen Gottesdienst zum Thema ,Runter vom hohen Ross‘ halten zu dürfen“, erzählt Brändle schmunzelnd. Die Reiter waren einverstanden.

Weilheim war also eine Erfolgsgeschichte. Aber die Zeit in der Zähringerstadt brachte auch einen großen Bruch im Leben von Peter Brändle: die Trennung von seiner Frau, die dann auch zu einem Stellenwechsel führte. Für ein Jahr arbeitete er in Stuttgart beim Diakonischen Werk, bereitete dort den Auftritt der Diakonie Stuttgart für den Kirchentag vor. Im Anschluss ließ sich Brändle vom Pfarrdienst beurlauben und arbeitete mehrere Jahre in der freien Wirtschaft (s­iehe Infoartikel).

Für seine neue Aufgabe in Wendlingen hat sich Peter Brändle einiges vorgenommen. An Ideen, Menschen zusammenzuführen, mangelt es dem Pfarrer nicht. Raus aus dem Gewohnten ist eines seiner Mottos. Wie? Nun vielleicht mit einem Sommernachtskino, mit einem Männervesper, einem Skiwochenende, einer Kochaktion. Oder, wie in Weilheim, mit einem Event wie „Kreuz und quer“. Brändle sieht sich allerdings nicht nur als Eventmanager. „Ich bin schon auch gerne Seelsorger“, sagt er. Und die Kirche ist für ihn mitnichten ein Auslaufmodell. Aber man müsse neue Wege finden, die Menschen anzusprechen, ist er sich sicher.

Seit September ist er als Vertretung in Ostfildern-Nellingen im Einsatz. „Dort begegneten mir die Menschen sehr offen. Und ich merkte, dass es richtig war, in den Pfarrdienst zurückzukehren“, sagt Peter Brändle. In Wendlingen beginnt sein Dienst offiziell am 1. Januar, im Einsatz ist er jedoch erst ab dem 7. Januar. Seine Investitur ist am Sonntag, 12. Januar, um 9.30 Uhr.

Schrauben und Wein

Der Schraubenhersteller Würth war für Peter Brändle die erste Station nach seiner Beurlaubung vom Pfarrdienst. Vom Diakonischen Werk wechselte er zu dem renommierten Unternehmen in Künzelsau und arbeitete dort als Führungskraft im Vertrieb. Ein befreundeter Geschäftsführer des Unternehmens hatte ihm dieses Angebot gemacht. „Ich war nicht so sehr überzeugt davon, geeignet für diesen Job zu sein“, sagt Brändle ehrlich. Und doch, es reizte ihn, es zu versuchen. Zwei Jahre blieb er beim Schraubenkönig und bezeichnet die Zeit rückblickend als Herausforderung und spannende Aufgabe. „Aber vielleicht schlug mein Herz am Ende zu wenig für die Schrauben“, sagt er. Deshalb wechselte er zu einem Weingroßhändler in Owen.

Diese Ausflüge in die Wirtschaft waren möglich, weil er vom Pfarrdienst beurlaubt war. Doch irgendwann musste sich Brändle entscheiden: Bleibt er beim Wein oder kehrt er zurück zur Kirche? „Wein ist ein super Produkt, aber ich merkte, dass das Feuer für den Wein nicht so stark brannte wie für den Pfarrdienst“, begründet Brändle seine Entscheidung. Kurze Zeit später erhielt er einen Anruf von Dekan Michael Waldmann: In Wendlingen werde eine Stelle frei. „Wäre das nicht etwas? Mit allen Herausforderungen?“, fragte Waldmann. Brändle sagte zu.sg