Zwischen Neckar und Alb

Plastik hat im Biomüll nichts verloren

Umwelt Forscher warnen vor den Gefahren durch Mikroplastik in organischem Dünger. Das Kompostwerk muss den Kompost aufwendig reinigen. Von Uwe Gottwald

Alles Bio? Der stellvertretende Betriebsleiter Michael Seidl muss im Kompostwerk nicht lange nach Plastik suchen.Foto: Holzwarth
Alles Bio? Der stellvertretende Betriebsleiter Michael Seidl muss im Kompostwerk nicht lange nach Plastik suchen.Foto: Holzwarth

Biomüll getrennt zu sammeln und zu verwerten entlastet die Müllverbrennungsanlagen, und es kann Kompost als Dünger gewonnen werden. Knapp 60 000 Tonnen jährlich werden im Kreis über die Braune Tonne eingesammelt und im Kompostwerk Kirchheim zu Düngemittel verarbeitet und verkauft. Recycling als Win-win-Situation, wie man es sich wünscht.

Aber es gibt auch eine Kehrseite. Immer wieder landen Stoffe in der Biotonne, die dort nicht hingehören. Zunehmend Probleme bereiten Plastikrückstände. Manche sammeln ihren Biomüll offensichtlich in Plastikbeuteln, die sie in der Biotonne gleich mit entsorgen oder sie werfen in Plastik verpackte Lebensmittel in die Tonne. Manfred Kopp, Geschäftsführer des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB), hat Zahlen parat: „Im letzten Jahr wurden im Kompostwerk aus den 56 000 Tonnen angeliefertem Biomüll 840 Tonnen Kunststoff aussortiert.“

Auch wenn in den Anlagen Fremdstoffe entfernt werden, schlagen Forscher in letzter Zeit Alarm. In Bächen, Flüssen und in den Meeren stellten sie einen besorgniserregenden Anteil an Mikroplastik fest. Als nicht unwesentliche Verursacher vermuten sie den Kompost. Dieser könne immer noch Kunststoffteilchen enthalten, die mit der Zeit vom Regen ausgewaschen werden und in die Oberflächengewässer gelangen. Auf ihrem Weg in die Meere zermahlt sich der Kunststoff bis hin zu Mikroteilchen, die in die Nahrungskette gelangen könnten.

Geschäftsführer Kopp nimmt für das Kirchheimer Kompostwerk in Anspruch, den größten Teil des Kunststoffs zu erfassen. „Wir sind Mitglied in der Bundesgütegemeinschaft Kompost, deren Anforderungen sind weit höher als die in der Düngemittelverordnung“, betont Kopp. Auch sei der Kirchheimer Kompost zugelassen für den ökologischen Landbau. Dieses Ergebnis kann nur mit aufwendigen Anlagen und Verfahren erzielt werden.

Der AWB will deshalb erneut eine Aufklärungskampagne starten, um die Bürger für das Problem zu sensibilisieren. Beispielsweise gehören Kaffeepads nicht in die Biotonne, denn deren Papierfilter sind auf eine Kunststofffassung gespannt, die nicht verrottet.

„Auch biologisch abbaubare Kunststoffbeutel gehören nicht in die Biotonne“, lautet der Hinweis von Claire Herrmann, Sachgebietsleiterin Öffentlichkeitsarbeit und Kundenberatung beim AWB. Die Beutel, meist aus Maisstärke gefertigt, werden im Sammelfahrzeug so stark verschmutzt, dass sie sich nicht von solchen aus Polyethylen unterscheiden lassen und ebenfalls aussortiert werden müssen. Außerdem führten auch biologisch abbaubare Kunststoffe zu Fäulnis- und Gärprozessen, die im Kompostwerk dem Prozess der Verrottung entgegenstehen. Eine einfache Papiertüte, eventuell am Boden verstärkt mit einem Eierkarton, ist die bessere Lösung.