Zwischen Neckar und Alb

Plochinger Bahnhof wird nicht barrierefrei umgebaut

Bahn sieht derzeit keinen Handlungsbedarf und fordert eine finanzielle Beteiligung der Stadt ein

Der Bahnhof Plochingen ist ein wichtiger Umsteigebahnhof. Und als solcher müsse er endlich barrierefrei werden, fordert Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen. Zusammen mit seinem Parteikollegen Andreas Schwarz hat er einen Brief an die Deutsche Bahn geschrieben. Doch die sieht keinen Grund zum Handeln.

Wer am Plochinger Bahnhof mit Rollstuhl oder Rollator in einen Fern- oder Regionalzug einsteigen möchte, muss hohe Hürden überwi
Wer am Plochinger Bahnhof mit Rollstuhl oder Rollator in einen Fern- oder Regionalzug einsteigen möchte, muss hohe Hürden überwinden.Foto: Roberto Bulgrin

Plochingen. Für den Filderstädter Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel und den Kirchheimer Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz ist die Sanierung des Plochinger Bahnhofs vordringlich. Der Bahnsteig an Gleis 1 sei zwar barrierefrei erreichbar. Wer mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator in Plochingen ankomme und dann in einen Fern- oder Regionalzug umsteigen wolle, müsse aber große Abstände überwinden. Besonders problematisch ist aus Gastels Sicht der Mittelbahnsteig an den Gleisen 9 und 10. Die werden von den S-Bahnen genutzt. Hier bestehe beim Ein- und Ausstieg eine Höhendifferenz von 20  Zentimetern. Außerdem würden weitere Bahnsteige eine zu geringe Höhe aufweisen, etwa an Gleis 4.

Die Bahn betont in ihrem Antwortschreiben zwar, „dass die vollständige Barrierefreiheit der Bahnhöfe eines ihrer wichtigsten und größten Handlungsfelder“ sei. In Plochingen scheiterte ein solches Vorhaben dennoch. Michael Groh, Leiter Regionalbereich Südwest, beharrt auf der 2009 mit dem Land abgeschlossenen Rahmenvereinbarung „Bahnhofsmodernisierungsprogramm Baden-Württemberg“ (BMP). In diesem Programm, in dem mit dem Land für die nächsten zehn Jahre festgelegt worden war, welche Bahnhöfe beim barrierefreien Ausbau Priorität haben, war auch Plochingen enthalten. Zentraler Punkt dieser Vereinbarung und „seit vielen Jahren gelebte Praxis“, sei es, dass die jeweilige Kommune die Maßnahmen mitfinanziert. Das habe Plochingen nicht getan. Was sicher auch daran liege, dass das „Gesamtinvestitionsvolumen für den Bahnhof Plochingen relativ groß ist, insbesondere in Relation zur Größe der Stadt“, wie Groh einräumt. Aber er bleibt dabei: „Eine Modernisierung im Rahmen der BMP kann leider nicht mehr erfolgen.“

Diese Begründung halten die Abgeordneten für abwegig: „Die Zuständigkeit für Bahnhöfe wie den in Plochingen liegt eindeutig und ausschließlich beim Eigentümer: der Deutschen Bahn“, so Gastel und Schwarz. Dazu komme, dass Plochingen als wichtige Umsteigestation in und aus Richtung Tübingen, Reutlingen oder Nürtingen vermutlich noch nicht einmal überwiegend von Plochingern genutzt werde. Davon ganz abgesehen, dass die finanzielle Situation der Stadt eine solche Freiwilligkeitsleistung ohnehin nicht zulasse.

Eine Sanierung würde wohl acht Millionen Euro kosten. Mit rund zwei Millionen hätte die Stadt sich beteiligen sollen. „Damit wäre viel Geld gebunden für etwas, was nicht unsere Aufgabe ist, das kann man den Bürgern nicht vermitteln“, sagt Bürgermeister Frank Buß auf Anfrage. Die Stadt hält eine Sanierung für wichtig und lehnt eine Beteiligung nicht generell ab. „Aber wir haben schlichtweg das Geld nicht“, so Buß. Zumal die Stadt Plochingen ihm Rahmen eines Sanierungsprogramms für das Bahnhofsareal – mit Unterstützung von Bund und Land – ohnehin schon Maßnahmen finanziert, mit denen der Vorplatz aufgewertet wird.

Gastel und Schwarz können die ablehnende Haltung der Bahn nicht nachvollziehen, schließlich stünden dem Unternehmen noch Bundesmittel aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zur Verfügung. „Ein Teil dieser Mittel sollten dafür auch eingesetzt werden“, fordern sie. Das sieht die Bahn anders: Da diese Gelder für Maßnahmen eingesetzt werden, die dem Substanzerhalt dienen, und eine Anlagenbewertung für Plochingen ergeben hat, „dass derzeit keine zwingende Ersatzinvestition erforderlich ist“, wie es in dem Brief heißt, scheide eine Modernisierung ausschließlich aus LuFV-Mitteln aus.

Ohnehin habe Plochingen gegenüber anderen nicht barrierefreien Knotenbahnhöfen keine herausragende Priorität. Weil zumindest der Bahnsteig für die S-Bahn schon jetzt stufenfrei über zwei Aufzüge erreichbar sei und der Zugang zur S-Bahn trotz Höhendifferenz mit Anlegerampen möglich sei, wird Plochingen intern als Bahnhof geführt, der „teilweise barrierefrei“ ist, so Groh. Doch noch ist das letzte Wort nicht gefallen: Er lädt beide Abgeordneten zu einem Gespräch ein, um „die Möglichkeiten für eine Verbesserung der Situation in Plochingen weiter zu erörtern“.