Zwischen Neckar und Alb
Postbote lässt Briefe verschwinden

Justiz Einen Zusteller erwartet ein Strafverfahren. Es geht um mindestens 300 Fälle.

Wolfschlugen. Plötzlich kommt eine Rechnung mit Mahngebühren, obwohl es nie eine Zahl- ungsaufforderung gegeben hat. Oder man verschwitzt einen wichtigen Termin, der einem gar nicht mitgeteilt wurde. Wenn Postsendungen fehlen, kann das so manche Unannehmlichkeit nach sich ziehen. Mindestens 300 solcher Fälle sind nun in Wolfschlugen bekannt geworden. Ein Briefträger der Deutschen Post hat die Sendungen einfach nicht zugestellt und verschwinden lassen. Mittlerweile sind Sicherheitsleute und die Polizei dem Mann auf die Schliche gekommen. Sein Fehlverhalten hat Folgen: Er hat nicht nur seinen Job verloren, ihn erwartet auch ein Strafverfahren.

In der Fildergemeinde geistert das Aufregerthema seit einiger Zeit umher. Erst erreichten Klagen das Rathaus, dann wandten sich verärgerte Bürger an die Polizei. Ramona Noller, eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Reutlingen, bestätigt eine Flut von Anzeigen, die nach und nach erstattet worden seien. Mehrere Hundert Sendungen seien verschwunden. Den dafür Verantwortlichen habe man ausfindig machen können. Er habe die Taten „weitgehend eingeräumt“. Die Polizei habe, so die Sprecherin, die Ermittlungen abgeschlossen. Jetzt liege die Sache bei der Staatsanwaltschaft.

Bei der Deutschen Post bedauert man den Vorfall. „Wir entschuldigen uns für die entstandenen Unannehmlichkeiten“, sagt Klaus-Dieter Nawrath, Pressesprecher der Deutschen Post DHL Group. Er spricht von mindestens 300 Sendungen, die abhanden gekommen seien. Über welchen Zeitraum in Wolfschlugen Post verschwunden ist, kann er nicht genau sagen. Über die Gründe, weshalb der unzuverlässige Mitarbeiter sie nicht ausgetragen hat, kann Nawrath nur spekulieren. „Wir vermuten kriminelle Energie, gepaart mit Arbeitsunlust.“

Zumindest ein Teil der abhanden gekommenen Sendungen habe man auffinden und an die Kunden mit einem Entschuldigungsschreiben schicken können. Wo diese entdeckt wurden, will der Post-Sprecher nicht verraten. „Wir haben in unseren Betriebsstätten Vorkehrungen zur Aufklärung von Straftaten“, so Nawrath. Bei jeder Niederlassung seien Security-Mitarbeiter eingesetzt, die selbst ermitteln und eng mit den Polizeibehörden kooperieren. Jeder Fall werde ernst genommen und intern, wenn erforderlich aber auch mithilfe externer Sicherheitsbehörden, „lückenlos aufgeklärt“. Welche Sanktionen die Post gegenüber dem Mitarbeiter verhängt hat? „Wir haben den Arbeitsvertrag aufgelöst, Hausverbot erteilt und Strafanzeige gestellt“, berichtet Nawrath.

Verluste seien die Ausnahme

Die Frage, wie oft es solche Fälle bei der Post gibt, könne er nicht beantworten, sagt der Sprecher. „Verluste sind bei uns die große Ausnahme“, versichert er. In Relation zu den täglich beförderten Sendungen lägen sie „im kaum messbaren Bereich“. Das sei auch in Spitzenzeiten wie an Weihnachten nicht anders. Unregelmäßigkeiten könne man als flächendeckender Postdienstleister mit weltweit 550 000 Mitarbeitern nicht ausschließen. Wegen kurzfris- tiger Erkrankungen oder Wetter- umschwüngen könne es schon mal zu betrieblichen Problemen kommen. Aber auch Straftaten wie in diesem Fall ließen sich nicht vollständig ausschließen. Harald Flößer

 

Info Wenn Kunden Post vermissen, können sie sich an die Telefon-Hotline 02 28 / 4 33 31 12 oder an die Social-Media-Kanäle des Dienstleisters wenden.