Zwischen Neckar und Alb
Projekt kämpft gegen Pflegenotstand: Vom Kosovo nach Baltmannsweiler

Förderung Vor sieben Jahren hat die Diakonie Württemberg ein Ausbildungsprojekt ins Leben gerufen, um Pflegefachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Rafaella Markaj ist die 500. Auszubildende. Von Claudia Bitzer

Seit zwei Wochen ist Rafaella Markaj in Deutschland. Die Achtzehnjährige kommt aus dem Kosovo und hat dort schon drei Jahre in der Pflege in einem regionalen Krankenhaus gearbeitet. Ihr großes Ziel war es, im Seniorenzentrum der Zieglerschen in Baltmannsweiler eine dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin anzutreten.

In ihrer Heimat musste sie vorher einem Bewerbungsgespräch meistern und sich ein Jahr lang auf ihre Ausbildung in Deutschland vorbereiten – inklusive Deutschkurs. Von den Kosten für die Sprachkurse hat sie 900 Euro selbst übernommen. Rafaella Markaj ist der 500. Azubi, der an dem internationalen Ausbildungsprojekt der Diakonie Württemberg teilnimmt.

Das Projekt ist Hoffnungsträger

Als eine notwendige Antwort auf den Pflegenotstand gilt das „bundesweite Leuchtturmprojekt“ für die Gewinnung von Pflegefachkräften. Die dreijährige duale Ausbildung führt zu einer schnellen beruflichen und gesellschaftlichen Integration. 

Mit fünf Trägern und 27 Auszubildenden hat das Projekt 2015 begonnen. Heute wird es von einem Konsortium von 15 Trägern der Diakonie und drei Trägern der Caritas gelenkt. Angefangen hat es mit jungen Menschen aus dem Kosovo, die man für die Pflegeausbildung in Deutschland gewinnen wollte. Inzwischen reisen sie auch aus Bosnien und Herzegowina, Albanien und der Ukraine zur Ausbildung in Baden-Württemberg ein. Seit diesem Jahr können auch Interessierte aus Armenien und Georgien zum Zuge kommen.

Zielgruppe sind arbeitssuchende Absolventen von Mittelschulen und Gymnasien im Alter zwischen 19 und 30 Jahren. „Ich hatte in meiner Heimat keine Chance auf einen Studienplatz, und meine Eltern konnten mich finanziell auch nicht unterstützen“, erzählt Deni Kadric aus Bosnien-Herzegowina, der mit Rafaella Markaj und rund 100 weiteren Neuankömmlingen jetzt seine Ausbildung begonnen hat. Das Projekt ist dezentral mit über 120 Einrichtungen und 25 Fachschulen in Baden-Württemberg organisiert. Es finanziert sich ausschließlich über die teilnehmenden Träger und Einrichtungen sowie den einmaligen Eigenbetrag der Teilnehmenden für die Deutschkurse.

Von den bisher 400 Auszubildenden der ersten sechs Jahrgänge haben inzwischen fast 200 die Prüfungen geschafft und arbeiten jetzt in der Alten- oder Krankenpflege. Zuletzt war die Pflegeausbildung bundesweit mit einer Abbrecherquote von 30 Prozent in die Schlagzeilen gekommen. Bei dem Projekt liegt sie lediglich bei fünf Prozent. Dazu trägt auch ein hohes Engagement der Projektverantwortlichen und Mitarbeitenden bei: Die jungen Menschen werden in ihrer neuen Heimat mindestens vier Monate lang intensiv begleitet. „Ich konnte sogar bei meiner Chefin wohnen“, berichtet Vjosa Xhemajli aus dem Kosovo, die seit wenigen Tagen examinierte Fachkraft im Seniorenzentrum Baltmannsweiler ist. Sie hat ihre Arbeitserlaubnis schon in der Tasche.

Nicht alles läuft reibungslos

Florina Brahimi und Florjan Kuqi, die ihre Ausbildung auch erfolgreich abgeschlossen haben, hängen noch in der Warteschleife – obwohl auch sie sämtliche Unterlagen eingereicht haben. „Ein missglückter Start nach der Ausbildung und kein Wilkommenszeichen“, ärgert sich Noller.

Überhaupt kämpfe das Projekt immer wieder mit administrativen Hürden. Die Behörden müssten mit ausreichendem Personal ausgestattet werden, wünscht sie sich. Und die Politik solle nicht nur die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland finanziell unterstützen, sondern auch die von Azubis. Zumal die Projektidee auch auf andere Mangelberufe übertragen werden könnte – etwa in den Erzieherinnen- und Erzieherbereich.