Zwischen Neckar und Alb
Radler und Landwirte im Protest vereint

Verkehr Ein Aktionsbündnis hat am Samstagnachmittag mit einer Fahrt über die Bundesstraße 27 gegen die Ausbaupläne für die Straße demonstriert. Hunderte von Menschen nahmen teil. Von Philipp Braitinger

Sie wollen keinen weiteren Asphalt. Die Pläne für den Ausbau der B 27 von der Autobahn 8 bis zum Abzweig der B 312 nach Metzingen ärgern Fahrradverbände, Umweltschützer und Landwirte. Am Samstagnachmittag hatten Vertreter von rund 20 Organisationen deshalb zu einer Protestfahrt eingeladen, an der mehrere Hundert Menschen teilnahmen. Dafür musste die B 27 rund eine halbe Stunde lang für Autos in Richtung Metzingen gesperrt werden.

Los ging die Protestfahrt mit einer Kundgebung vor der Filharmonie in Bernhausen. Für die Schutzgemeinschaft Filder sagte Steffen Siegel, dass die Filderböden zu wertvoll seien, als dass sie weiter versiegelt werden dürften. „Der Boden dient unserer Ernährung“, stellte er klar. Ohne die örtliche Landwirtschaft müssten Lebensmittel von weit her angeliefert oder sogar mit dem Flugzeug eingeflogen werden. Besser als eine weitere Fahrspur sei es, den Nahverkehr zu stärken und ein flächendeckendes Tempolimit einzuführen. Die Zuhörer quittierten das mit Applaus. „Kein Quadratmeter Filderboden darf mehr zugebaut werden“, forderte Siegel.

 

Kein Quadratmeter Boden darf mehr zugebaut werden.
Steffen Siegel
Schutzgemeinschaft Filder

 

Geplant ist, auf dem Abschnitt zwischen Aichtal und der A 8 eine dritte Fahrspur pro Fahrtrichtung zu bauen. In diesem Bereich ist die B 27 regelmäßig überlastet, morgens vor allem in Fahrtrichtung Stuttgart, nachmittags in der Gegenrichtung. Profitieren würden von dem Ausbau also insbesondere Berufspendler. Gemäß einer Analyse des Regierungspräsidiums Stuttgart fuhren im Jahr 2018 pro Tag durchschnittlich rund 80 000 Fahrzeuge auf diesem Abschnitt, wobei der Verkehr zum Echterdinger Ei hin zunimmt. Eine Prognose für das Jahr 2035 geht davon aus, dass der Autoverkehr weiter steigt.

Als Vertreterin der Jugendbewegung „Fridays for Future“ sprach Ronja Zimmer. Sie betonte, dass keine Zeit mehr sei, Klimaziele in die Zukunft zu verschieben. „Wir brauchen jetzt Klimaschutz und Klimagerechtigkeit“, sagte sie. Dazu zähle auch eine sofortige Verkehrswende. „Der Ausbau der B 27 ist damit nicht vereinbar“, meinte sie. „Wir wollen und brauchen den Ausbau dieser Straße nicht.“ Auf Asphalt wachse nichts und man könne ihn auch nicht essen.

Ebenfalls zu Wort kam der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen). Er sprach sich dafür aus, die vielen auf Bundesebene geplanten Straßenbauprojekte auf den Prüfstand zu stellen. Dem Bahnfahren und dem Radfahren solle ein höherer Stellenwert eingeräumt werden, sagte er. Umwelt- und gesundheitsfreundliche Fortbewegungsarten sollten stärker gefördert werden. „Wir brauchen eine andere Verkehrspolitik, und die setzt an bei einer anderen Infrastrukturpolitik“, meinte Gastel. Ferner solle nicht mehr die Reisezeit der Autofahrer maßgeblich sein.

Der Protestzug aus Fahrrad- und Traktorfahrern fuhr nach dem Auftakt von der Filharmonie in Bernhausen nach Echterdingen. Auf dem dortigen Rathausplatz fand eine weitere kurze Kundgebung statt. Dort sprach unter anderen die Stadträtin Sabine Onayli (Demokratie in Bewegung), die auch im Vorstand der Schutzgemeinschaft Filder aktiv ist. „Wir müssen jetzt etwas tun, um für unsere Nachkommen eine Welt zu hinterlassen, in der Menschen und Tiere noch gut leben und überleben können“, sagte sie. Es sei doch zu hinterfragen, ob Straßenbauprojekte, die vor vielen Jahren geplant wurden, für die Zukunft überhaupt noch sinnvoll seien. Dabei gehe es nicht allein um dieses eine Straßenbauprojekt, machte die Stadträtin klar. „Es geht um so viel mehr“ – es gehe um das Überleben, daran ließ Sabine Onayli keinen Zweifel. Denn: „Wir zerstören unsere Lebensgrundlage.“

Im Anschluss an die Kundgebung auf dem Echterdinger Rathausplatz machte sich der Protestzug auf zur B 27, wo die Polizei die Fahrbahnen Richtung Metzingen für rund eine halbe Stunde voll sperrte.

 

Widerstand gegen die Erweiterung

Strecke Zwischen Aichtal und der A 8 sollen die bisher je zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung um jeweils eine Fahrspur erweitert werden. Die Bundesstraße 27 ist eine Hauptverbindungsader in den südlichen Raum von Stuttgart.

Ziele Mit einem flüssigeren Vorankommen könnten Leinfelden-Echter­dingen und Filderstadt von innerörtlichem Schleichverkehr entlastet werden.

Protest Kritiker des Vorhabens bemängeln den Flächenverbrauch und die Investition in eine Infrastrukturmaßnahme, die vor allem dem Autoverkehr zugutekommt. pib