Zwischen Neckar und Alb

Räumungsklage gegen Villa-Bewohner

Stadt Nürtingen möchte Villa räumen lassen und beruft sich auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis

Nachdem der Termin der fristlosen Kündigung verstrichen ist, klagt die Stadt Nürtingen nun auf die Räumung des Geländes in der Galgenbergstraße 4.

Die Stadt Nürtingen möchte die Villa in der Galgenbergstraße gerne räumen. Foto: Jürgen Holzwarth
Die Stadt Nürtingen möchte die Villa in der Galgenbergstraße gerne räumen. Foto: Jürgen Holzwarth

Nürtingen. Kurz zur Vorgeschichte: Seit acht Jahren gibt es in der Galgenbergstraße das alternative Wohnprojekt Villa Galgenberg mit rund 20 Bewohnern. Ende 2014 kaufte die Stadt Nürtingen das 18 Ar große Gelände und wurde so automatisch zum Vermieter. Auf Ende März dieses Jahres kündigte die Stadt das unbefristete Mietverhältnis, die fristlose Kündigung ist auf den 30. April datiert. Mit der Räumungsklage zeigt die Stadt, wie ernst es ihr damit ist, das Gebäude zu räumen.

Anwalt Oliver Andersch, der Vorsitzende des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins, begründet die Räumungsklage hauptsächlich mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis – unter anderem hatten die Bewohner Oberbürgermeister Otmar Heirich Hausverbot erteilt. Der OB hatte im Mai 2013 das Haus öffentlich als „Ärgernis“ bezeichnet.

Außerdem habe es verschiedene Vertragsverletzungen gegeben wie Sachbeschädigungen, ungenehmigte Untervermietung und Tierhaltung, ist von Clint Metzger von der Pressestelle der Stadt zu hören.

Die Stadt hat keine konkreten Pläne mit den Gebäuden, da die Pläne für das Gebiet „Westlicher Neckar“ aus finanziellen Gründen derzeit auf Eis liegen. Zur Frage, was die Stadt mit der Villa vor hat, wenn die Mieter draußen sind, schreibt die Pressestelle der Stadt, es gebe verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, die derzeit geprüft würden. Es ist keine Rede davon, dass Flüchtlinge untergebracht werden sollen.

Ein möglicherweise beengter Wohnungsmarkt berechtige Mieter nicht zu Vertragsbrüchen, so der Pressesprecher. Außerdem rechnet die Stadt nicht damit, dass jeder, der gekündigt wird, gleich obdachlos wird.

Das bedeutet auch, dass die Stadt nicht, wie OB Otmar Heirich noch im Dezember 2014 angedeutet hat, bei der Suche nach einem Ersatzobjekt behilflich wäre.

Den Vorwurf der Sachbeschädigung weisen die Bewohner weit von sich. Die Fassade sei vor dem Verkauf an die Stadt mit Erlaubnis bemalt worden, also sei nie das Eigentum der Stadt beschädigt worden. Außerdem habe das Haus lange leer gestanden. Die Bewohner hätten Wasserschäden und Fußböden in Eigenleistung repariert, so Marco Alt, einer der drei Hauptmieter.

Es sei richtig, dass dem Oberbürgermeister Hausverbot erteilt wurde. Heirich sei den Mietern jedoch nie als Zuständiger genannt worden, immer nur die GWN und ihr Geschäftsführer Volkmar Klaußer. Heirich habe dann darauf bestanden, ins Haus zu kommen, und sei teilweise in die Schlafzimmer gegangen.

Andere Vorwürfe weisen die Bewohner ebenfalls zurück: „Lärm kommt oft von Leuten, die am Galgenberg oder am Skaterplatz feiern.“ Im Haus seien auch nur drei Hunde angemeldet, und sowohl Glasbläserei als auch Umsonstladen seien legal, betonen die Bewohner. Sie haben sich ebenfalls anwaltlichen Beistand geholt.

Alle zusammen überweisen jeden Monat einen vierstelligen Betrag an die Stadt und sagen, sie seien der GWN noch keine Miete schuldig geblieben. „Solange wir Miete zahlen, ist es ein normales Mietverhältnis“, sagt Alt.

Sie beschuldigen die Stadt, das Wohnprojekt langsam „auszutrocknen“, weil keine neuen Untermietverhältnisse mehr eingegangen werden dürften, sobald jemand auszieht. Ob das rechtens ist, wird vor Gericht entschieden.

Die Bewohner sagen, es sei nicht einfach, eine Immobilie für ein solches Wohnprojekt zu finden. „Wir wollen als Gemeinschaft zusammenbleiben und weiter Projekte machen“, sagt Mitbewohnerin Nathalie Rohm. Bei einer Kündigung würden alle obdachlos. „Wir wollen nicht abgespeist werden, wir haben ein Recht auf Wohnung“, betont sie.

Gerne hätten die Villa-Bewohner, die dafür einen Verein gegründet haben, das Haus selbst gekauft, sie seien aber nicht mit der ehemaligen Besitzerin handelseinig geworden.

Der Verein Villa Galgenberg sucht nun mit verschiedenen Aktionen die Öffentlichkeit, zum Beispiel mit Infoständen, Flyern und einer Online-Petition. Bei der Stadt geht man jedoch davon aus, dass diese Petition, egal wie viele Unterschriften sie hat, rechtlich nicht bindend ist.