Zwischen Neckar und Alb

Rentner muss sechs Jahre hinter Gitter

Gericht 76-Jähriger wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Das Motiv für die Tötung bleibt weiter im Dunkeln.

Gericht
Symbolbild

Esslingen. „Nur der Angeklagte kann der Täter gewesen sein“, war sich der Vorsitzende Richter der 9. Schwurgerichtskammer Jörg Geiger in seiner Urteilsbegründung sicher. Da man aber keine näheren Umstände über die Tötung der 72-jährigen Bekannten kenne, komme zugunsten des Rentners statt eines Totschlags nur eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge infrage. Am 26. September vergangenen Jahres sei die Frau bei einem Besuch in Mettingen gewaltsam zu Tode gekommen, der 76-Jährige sei dafür verantwortlich. Aus Angst, entdeckt zu werden, habe der Angeklagte die Leiche zerteilt und zum Neckar transportiert.

Die Erklärungen des Rentners, seine Bekannte habe sich bei einem vorangegangenen Besuch am 19. September an einem zerbrochenen Sektglas verletzt und dabei stark geblutet, seien unglaubhaft. „Darüber hinaus gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte, dass jemand anderes der Täter sein könnte“, fuhr Geiger fort. Der 76-Jährige hatte die Tat auch noch in seinem Schlusswort bestritten. Am 26. September habe die Bekannte vormittags noch in einer Praxis gearbeitet, sei kurz zu Hause in Obertürkheim gewesen und habe dann den Angeklagten besucht. Dies hatte der Rentner nie bestritten, will die Frau am Abend noch ein Stück nach Obertürkheim begleitet und sich dann verabschiedet haben. Ab diesem Tag habe sich jede Spur der 72-Jährigen verloren, bis der Torso am 17. Oktober im Neckar bei der Gaisburger Brücke gefunden wurde.

Keinerlei Anzeichen für Unfall

Die Rechtsmedizinerin Adina Schweickhardt konnte zwar an den Leichenteilen, die nach und nach auftauchten, Hämatome und eine Fraktur feststellen, die aber nicht tödlich waren. Die Sachverständige hatte im Prozess jedoch eine natürliche Todesursache ausgeschlossen. Für einen Unfall oder einen Suizid sah die Kammer keinerlei Anzeichen. Der Angeklagte war nach Überzeugung der Kammer also verantwortlich für den Tod der Bekannten.

Und wie steht es mit dem Motiv? Es habe viele Merkwürdigkeiten bei dem Paar gegeben, meinte Geiger: Er habe sich als Arzt ausgegeben und damit geprahlt, Millionen für humanitäre Zwecke auszugeben. Sie habe vorgespiegelt, arm zu sein, obwohl es eine Eigentumswohnung und 20 000 Euro auf dem Bankkonto gab. Warum schlussendlich die Frau sterben musste, diese Frage konnte laut Geiger nicht geklärt werden. Es müsse wohl aus aus einem Streit heraus geschehen sein. Zugunsten des Rentners gehe man davon aus, dass er nicht mit Tötungsabsicht gehandelt habe. Der 76-Jährige sei aber voll schuldfähig. Verteidigerin Haimayer, die auf Freispruch plädiert hatte, kündigte an, in die Revision zu gehen. Sabine Försterling