Zwischen Neckar und Alb

Rentner muss zwölf Jahre in Haft

Prozess Der 77-Jährige, der seine ehemalige Freundin zerstückelt und in den Neckar geworfen hat, ist verurteilt worden.

Esslingen. Am Ende der Urteilsverkündung steht der betagte Angeklagte noch einmal auf. „Ich bin unschuldig“, beteuert der Mann. Kurz zuvor hatte Ute Baisch, Vorsitzende Richterin der 1. Strafkammer des Landgerichts, verkündet, der Angeklagte sei des Totschlags schuldig und werde daher zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Kammer folgte damit dem neuen Strafantrag der Staatsanwaltschaft.

Mitte Oktober 2017 hatten Einsatzkräfte den Torso, die Beine und den linken Arm einer 72-jährigen Frau aus Obertürkheim aus dem Neckar geborgen. Die Kripo war schnell auf den Ex-Freund der Toten gekommen. In der Wohnung des 77-Jährigen wurden Blutspuren der Frau entdeckt. Im ers­ten Prozess war der Mann lediglich wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sechs Jahren verurteilt worden.

Der Bundesgerichtshof jedoch hob das Urteil auf, die damalige Kammer habe nicht begründet, warum sie keinen bedingten Tötungsvorsatz gesehen hatte. Das hat die 1. Strafkammer jetzt korrigiert. Der Angeklagte habe die 72-Jährige, die ein Doppelleben geführt hatte, am 26. September 2017 in seiner Wohnung in Esslingen-Mettingen nach einem Streit getötet, ihre Leiche zerstückelt und im Neckar entsorgt, so die Richter. Grund dafür müsse die immer spannungsgeladenere Beziehung des Paares gewesen sein. Er habe die Frau enger an sich binden wollen, der Angeklagte lege ein besitzanmaßendes Verhalten gegenüber Frauen an den Tag. Die 72-Jährige habe dagegen ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben wollen, so Richterin Baisch. Es seien hier zwei Menschen zusammengekommen, die „beide betrügerisch-manipulativ veranlagt sind“.

„Alles erstunken und erlogen“

Der Angeklagte, der sich dem Opfer und seinem Umfeld gegenüber als promovierter Mediziner aus­gab, hatte stets seine Unschuld beteuert. Er habe die Frau sogar heiraten wollen und man habe bereits eine größere Wohnung gesucht. Ihm zufolge soll ein Räuberpärchen aus Obertürkheim die 72-Jährige bedroht und sie anschließend am Neckarufer umgebracht haben. Aber Richterin Ute Baisch findet zu dieser Aussage klare Worte: „Alles erstunken und erlogen.“

Die Rechtsmedizinerin hatte eine natürliche Todesursache wie Herz- oder Schlaganfall ausgeschlossen. Bei der Obduktion des Torsos waren unter anderem Rippenbrüche und ein gebrochener Lendenwirbel festgestellt worden, die vor dem Tod der Frau entstanden seien.

Verteidigerin Margrete Haimayer hatte auf Freispruch plädiert. Jetzt sagt sie: „Das Urteil ist falsch.“ Sie werde erneut Revision einlegen. George Stavrakis