Zwischen Neckar und Alb
Rückepferd „Felix“: Im Wald genügt auch nur ein PS

Umwelt Im Plochinger Stadtwald hilft Holzrückepferd „Felix“ bei den Aufräumarbeiten nach den Frühjahrsstürmen. Sein Einsatz schont den Waldboden und den verbleibenden Baumbestand. Von Kerstin Dannath

Ganz gemächlich zieht der französische Ardenner „Felix“ im Unterholz des Plochinger Stadtwalds einen Baumstamm hinter sich her. Am Rand der Rückegasse bleibt das stattliche Kaltblut auf ein leises „Brr“ von Holzrücker Julian Sartorius aus Winterbach-Manolzweiler ruhig stehen, das Geschirr wird gelöst und der Stamm abgelegt. Später wird eine Vollerntemaschine die Rückgasse entlangfahren und das Holz einsammeln.

Pferde schonen den Waldboden

„Wir verfolgen eine naturnahe und bodenschonende Bewirtschaftung des Waldes “, erläutert Plochinger Forstrevierleiter Daniel Fritz. Die Alternative wäre, dass das Holz per Stahlseil und Winde von einem Kran aus dem Unterholz herausgezogen wird. Dabei würde aber der Boden sowie der Baumbestand schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. „Felix“ dagegen bewegt sich geschickt um Hindernisse und Bäume herum. Durch die Wendigkeit des Vierbeiners werden die Bäume geschont. Das funktioniert aber nur, wenn Mensch und Tier optimal aufeinander eingespielt sind.

 

Er muss nicht nur mit seiner Körperkraft arbeiten, sondern auch mit seinem Kopf.
Julian Sartorius
Holzrücker über die Herausforderungen eines Pferds bei der anstrengenden Waldarbeit

 

Der zwölfjährige „Felix“ wird von Sartorius seit vielen Jahren für die Waldarbeit eingespannt und kennt die Kommandos in- und auswendig: Vor, zurück, langsam, stopp, links und rechts – alles kein Problem für „Felix“. Den sowieso nur locker hängenden Doppelzügel am Geschirr könnte sich Sartorius vermutlich auch sparen, das Kaltblut hört wie ein Hund aufs Wort. Ausgebildet hat Sartorius seinen vierbeinigen Partner in Eigenregie: „Dann ist halt nichts versaut und das Pferd läuft so, wie ich will“, erklärt der selbstständige Garten- und Landschaftsgärtner, der schon als kleiner Junge beim Holzrücken mit Pferd mitgeholfen hat. Daneben betreibt Sartorius noch einen Pferdefuhrbetrieb und bietet auch Hilfe bei Arbeiten im Weinberg auch Kutschfahrten an.

Beim Holzrücken kann sich der erklärte Pferdenarr nicht über mangelnde Nachfrage beklagen: „Sowohl Kommunen als auch private Waldbesitzer fragen mich immer wieder an.“ Allerdings spielt sich diese Arbeit normalweise meist in den Wintermonaten ab. Dass die beiden aktuell in Plochingen im Einsatz sind, ist den Frühjahrsstürmen geschuldet, die besonders dem Fichtenbestand zugesetzt haben. Vor allem schwächere Stämme und einige Baumkronen hat es erwischt. „Die Schäden sind zwar nicht riesig, da es aber vor allen Dingen die Fichten im Bestand betrifft, müssen die in Mitleidenschaft gezogenen Bäume schnell raus aus dem Wald“, erklärt Revierleiter Fritz. Denn der vom Sturm geschwächte Bestand lockt den ungeliebten Borkenkäfer an, was Fritz natürlich unter allen Umständen vermeiden will.

Im Zickzack durchs Unterholz

Das Gelände eignet sich gut für den Pferdeeinsatz – es ist nur leicht abschüssig und gut zugänglich. Zudem hat das Sturmholz eine Dimension, die „Felix“ gut bewältigen kann. Das Kaltblut bringt selbst etwa 850 Kilogramm auf die Waage: Als Faustregel gilt, dass ein Rückepferd auf Dauer 20 Prozent seines eigenen Körpergewichts bewältigen kann – das wären bei „Felix“ rund 170 Kilogramm. Deswegen waren vor seinem Einsatz in Plochingen auch Waldarbeiter unterwegs, die einige größere Einheiten zersägt haben. Kurzfristig sei auch mehr möglich, ergänzt Sartorius. Wenn man aber wie in Plochingen den ganzen Tag mit dem Pferd arbeitet, sollte man darauf achten, den Vierbeiner nicht zu überlasten. Sowieso sei die Arbeit im Wald für „Felix“ sehr anstrengend: „Er muss nicht nur mit seiner Körperkraft arbeiten, sondern auch mit dem Kopf“, erklärt der professionelle Holzrücker. Zwar seien die Strecken sehr überschaubar – manchmal muss das Holz nur wenige Meter an die Gasse herangerückt werden – aber die ganze Zeit muss „Felix“ aufmerksam auf die Kommandos seines Führers, der ihn auf dem besten Weg im Zickzack durch den Bestand dirigiert, achten. „Und dabei sucht er sich die ganze Zeit den richtigen Tritt selbst“, so Sartorius weiter, „Das Pferd muss also die ganze Zeit mit dem Kopf dabei sein.“ Deswegen bekommt „Felix“ auch genügend Ruhezeiten, in denen er getränkt und gefüttert wird.

Überall ist der Einsatz von Rückepferden aber nicht möglich. „Gerade wenn es sehr steil ist, denkt der Laie, dass sei optimal. In Wirklichkeit hat das Pferd auf solchem Gelände aber ziemlich schnell seine Grenzen erreicht“, sagt Sartorius. Je unwegsamer das Gelände ist, desto mehr sinke die Leistung. Gleiches gilt, wenn das Holz sehr dick und damit schwer ist. „Und dann wird es auch rasch unwirtschaftlich.“ Revierleiter Fritz schätzt, dass 90 bis 95 Prozent der Waldfläche deshalb nicht für den Pferdeeinsatz geeignet ist. Unterm Strich kann ein Pferd den Einsatz von Maschinen also nicht mehr ersetzen – aber immerhin gezielt ergänzen.

Bodenschutz bei der Waldbewirtschaftung

Schonung: In der modernen Forstwirtschaft wird viel Wert darauf gelegt, den Anteil des Waldbodens, der befahren wird, so gering wie möglich zu halten. Deshalb werden die Rückegassen in einem Abstand von 40 Metern angelegt. Mit dieser Methode werden laut dem Plochinger Forstrevierleiter Daniel Fritz rund 90 Prozent der Waldfläche von der Befahrung ausgenommen und geschont.

Pferdeeinsatz: Grundsätzlich eignen sich für den Einsatz von Rückpferden jüngere, gut zugängliche Waldbestände in möglichst ebenen oder leicht abschüssigen Lagen. Entscheidend bei dem Einsatz der Vierbeiner ist auch, dass das Pferd das Gewicht des einzelnen Stamms bewältigen kann. kd