Zwischen Neckar und Alb

Schmetterlingszucht im Wohnzimmer

Der ehemalige Unterensinger Schulleiter Lutz Schmitz lässt bei sich zu Hause selten gewordene Falter schlüpfen

Unterensingen. Als Lutz Schmitz vor 35 Jahren nach Unterensingen kam, wunderte er sich, warum es dort so viele schöne seltene Schmetterlinge gibt. Nun sorgt er selbst im kleinen

Barbara Gosson

Rahmen für ein bisschen Artenvielfalt: In seiner Wohnung warten Schwalbenschwänze und Pfauenaugen aufs Schlüpfen.

Die Natur war schon immer Lutz Schmitz’ Steckenpferd. In seiner Zeit als Schulleiter der Unterensinger Grund- und Hauptschule versuchte er immer, den Kindern die Wunder in ihrer unmittelbaren Umgebung näherzubringen. Dazu gehört auch, wie sich aus Raupen Schmetterlinge entwickeln. Das Schönste daran: Bevor die Falter in den Frühling flattern können, bleiben sie zunächst eine Weile sitzen und pumpen Blut in ihre Flügel. So können die Kinder sie auf den Finger nehmen und sehen, wie sie von dort abheben.

Auch im Ruhestand pflegt Schmitz sein Hobby. Erst in diesem Jahr haben er und seine Frau Alona eine aus dem Nest gefallene Singdrossel aufgepäppelt. Sascha, die kleine Drossel, hat keine Angst, auch nicht vor Retriever Timmy, und kommt immer wieder auf Besuch zu ihren Zieheltern. Die haben inzwischen ein neues Projekt: Schmetterlinge.

In der Natur, so Schmitz, legen die Schmetterlinge große Gelege mit über 200 Eiern. Das ist auch nötig, da die Raupen für viele andere Tiere ein Leckerbissen sind. So kommen nur wenige durch. Schmitz hilft ihnen ein wenig dabei, indem er die Raupen sammelt und so vor Fressfeinden schützt. Aktuell hat er drei verpuppte Schwalbenschwänze und 24 Puppen des Tagpfauenauges, von denen einige schon geschlüpft sind.

Normalerweise, so Schmitz, verbringen die Schmetterlinge zwei Wochen als Raupe, bevor sie sich verpuppen. Die Metamorphose, also die Verwandlung zum Schmetterling, dauert nochmals 14 Tage, dann schlüpft der Falter. Das ist im Frühjahr bei Schwalbenschwänzen und Tagpfauenaugen gleich.

Im Herbst jedoch gibt es Unterschiede: Während die Tagpfauenaugen noch schlüpfen und als Falter an frostsicheren Orten in einer Art Starre überwintern, verbringen die Schwalbenschwänze die kalte Jahreszeit als Puppen und schlüpfen erst, wenn der Frühling sie weckt. So kann es sein, dass Familie Schmitz die seltenen Gäste noch bis zum Frühjahr beherbergt.

Selten sind die Schmetterlinge deshalb, weil sie nur noch wenig Nahrung finden. Die Schwalbenschwänze mögen gerne Dill und Karottenkraut, die es früher in jeder Kleingartenanlage gab. Inzwischen sind die Kleingärten selten geworden, auf den Feldern gibt es große Monokulturen, und es werden Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt. Das hat die Zahl der Schmetterlinge in den vergangenen Jahren stark reduziert.

Schmitz sieht es deshalb als Glücksfall an, dass eine Unterensingerin die Schwalbenschwanz-Raupen auf ihrem Dill gefunden und ihm vorbeigebracht hat. Die Tagpfauenaugen sind noch nicht so selten, sie leben gerne auf Brennnesseln: „Die werden oft genau dann gemäht, wenn die Raupen sich verpuppen“, hat Schmitz beobachtet.

Die drei Schwalbenschwänze, die bei ihm schlüpfen, werden wohl kaum etwas zur Erhaltung der Art beitragen können. Dafür bräuchte es viel mehr Platz. Schmitz kann sich da Projekte mit Schulen vorstellen. Die könnten in kleinen Gewächshäuschen zuerst die nötige Nahrung für die Raupen anbauen und dann die Tiere – zum Beispiel von Züchtern – besorgen. So wäre es den Kinder möglich, zu beobachten, wie sie schlüpfen, wachsen und sich verwandeln. Gleichzeitig könnten die selten gewordenen Schmetterlingsarten in der Region Fuß fassen.

Schmitz hat da ein konkretes Vorbild: Verantwortlich für die vielen Schmetterlinge rund um Unterensingen war die Gärtnerei Kraushaar, die in einem ihrer Gewächshäuser ein Schmetterlingshaus wie auf der Insel Mainau hatte. Die Pfauenaugen, Admirale und Schwalbenschwänze könnten durchaus die Nachfahren der Schmetterlinge von dort sein.