Zwischen Neckar und Alb

Schnäppchen unterm Hammer

Wohnungsnot Das Angebot auf den Immobilienportalen wird immer geringer. Aus diesem Grund versuchen immer mehr Familien und Investoren ihr Glück bei Versteigerungen. Von Greta Gramberg

Wenn sich ein Ex-Ehepaar nicht einigen kann, ist eine Versteigerung oft die letzte Lösung. Symbolfoto
Wenn sich ein Ex-Ehepaar nicht einigen kann, ist eine Versteigerung oft die letzte Lösung. Symbolfoto

Es ist still im Sitzungssaal 11 des Amtsgerichts Esslingen an diesem Januarmorgen gegen 10.30 Uhr. An die 40 Personen sitzen in den Stuhlreihen oder stehen an den Wänden in dem kleinen, übervollen Raum - wenige junge Paare und überwiegend Männer im mittleren und fortgeschrittenen Alter. Am Ende des Raumes wartet die zuständige Rechtspflegerin an einem Tisch sitzend auf Gebote. Sie leitet die sogenannte Teilungsversteigerung eines Einfamilienhauses in einer Esslinger Höhenlage - ein mehrstöckiges Wohngebäude mit Pavillon, Garage und Grundstück, umgeben von Wiesen auf der Südseite und freiem Blick ins Neckartal. Der Gutachter hat das Objekt mit 910 000 Euro bewertet. Doch seit bald zehn Minuten bietet niemand. Nachdem ein Herr mit grauem Haar wenige Minuten nach Beginn der Bietezeit als Erster 510 000 Euro in die Waagschale geworfen hatte, folgte kurz darauf ein Zweiter mit einem Angebot über 530 000 Euro. Weitere zwei Minuten später trat ein Mann Anfang 40 zur Rechtspflegerin an den Tisch, wies sich aus - und erhöhte auf 800 000 Euro. Bis zum Ende des Verfahrens gegen 10.45 Uhr wird er nicht mehr überboten. Er erhält den Zuschlag.

Erst mal zur Probe bieten

„Ich hatte erwartet, dass die Schlagzahl höher ist“, sagt Isabelle Brenner aus dem Publikum. „Ich glaube, viele waren geschockt von dem hohen dritten Angebot.“ Das bestätigt ein 65-Jähriger, der ein Anlageobjekt will. Normalerweise sucht er dabei ganz klassisch nach Angeboten. „Im Moment ist es schwer, an Immobilien ranzukommen. Der Markt ist heißgelaufen.“ Nach dieser Versteigerung, seiner ersten, will er es weiter bei Bieterverfahren versuchen. Die 24 Jahre alte Isabelle Brenner und ihr Freund wollten nicht bieten. Vielmehr waren die zwei da, um den Ablauf kennenzulernen. Das berichtet auch Leonie Weis, die mit ihrem Mann und ihrer drei Monate alten Tochter im Tragetuch am Bauch vor Ort ist. Sie haben eigentlich Interesse an einem Haus, das in der Folgewoche unter den Hammer kommt und mehr dem Budget der jungen Familie entspricht. „Wir haben die Hoffnung, so günstiger an ein Objekt ranzukommen - zumal der Markt gerade einfach leergefegt ist“, erzählt die 32-Jährige.

Doch diese Hoffnung könnte enttäuscht werden, erklärt die zuständige Rechtspflegerin. In der Regel orientiere sich der endgültige Preis am festgelegten Verkehrswert, liege oft auch deutlich drüber: „Man spürt das geringe Angebot an Wohnraum“, sagt sie. In Stuttgart lägen die Angebote teils bei 200 oder 400 Prozent des Werts der Immobilie. Dass an diesem Morgen wenig geboten wurde, ist für sie überraschend. „Bei einem Objekt in dieser Preisklasse hätte ich erwartet, dass mehr Paare kommen und Familien.“ Normalerweise überböten sich die Teilnehmer zudem in kleineren Schritten.

Die Anzahl der Versteigerungen hat sich in den vergangenen Jahren eher verringert, was die Expertin auf die gute wirtschaftliche Lage zurückführt. Zwar bestünden die typischen Schuldenfallen weiter: Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Krankheit. Doch die Fälle, in denen Gläubiger die Zwangsversteigerung eines Grundstücks oder einer Immobilie beantragen, gehen zurück.

Was tun im Streitfall?

Dagegen ist die Zahl der Teilungsversteigerungen, die im Streitfall von einem Teil einer Eigentümergemeinschaft beantragt werden, in letzter Zeit gestiegen. In der Regel können sich in solchen Fällen beispielsweise Ex-Ehepartner nach einer Scheidung oder Erbengemeinschaften nicht darauf einigen, was mit einem gemeinsamen Grundstück oder einer gemeinsamen Immobilie passiert. „Durch die Teilungsversteigerung wird die unteilbare Immobilie in Geld umgewandelt, über dessen Auszahlung sich die früheren Eigentümer dann einigen müssen“, erklärt das Esslinger Amtsgericht auf seiner Webseite.