Zwischen Neckar und Alb
Sechsjährige mehrfach missbraucht

Prozess Ein 56-Jähriger soll sich in Esslingen wiederholt an seiner heute elfjährigen Tochter vergangen haben.

Esslingen. Dem 1964 geborenen Mann wird schwerer sexueller Missbrauch zur Last gelegt. Er soll sich zwischen September 2016 und August 2019 in seiner Wohnung in Esslingen mehrfach an seiner Ende 2009 geborenen Tochter vergangen haben. Am Mittwoch wurde die Verhandlung vor der zweiten großen Strafkammer am Landgericht Stuttgart unter dem Vorsitz der Richterin Sina Weber mit der Befragung weiterer Zeugen fortgesetzt.

Eine Polizeibeamtin berichtet, wie sie im Juni 2020 auf dem Polizeirevier Esslingen die Anzeige einer in der Neckarstadt lebenden Frau aufgenommen habe. Die Anzeigenstellerin habe von mutmaßlichen sexuellen Übergriffen ihres Ehemannes auf die gemeinsame Tochter berichtet. Das Mädchen hatte sich der Mutter wenige Tage zuvor anvertraut. Als sie Erst- und später Zweitklässlerin gewesen sei, habe sich der Vater an ihr vergangen. Danach habe er zu ihr gesagt, sie dürfe der Mutter auf keinen Fall etwas davon erzählen, dann würde er auch damit aufhören. Tatsächlich hätte der Vater sie in Ruhe gelassen, als sie schließlich die dritte Klasse besuchte. Die Polizistin gab im Zeugenstand an, die Mutter habe auf sie glaubwürdig gewirkt, und sie habe davon gesprochen, dass ihr Ehemann die Tochter vergewaltigt habe.

Auch einem Kollegen der Polizistin ist eine weitere für den Prozess relevante Anzeigenaufnahme im Gedächtnis haften geblieben. Im Sommer 2020 sei die Schwester des Angeklagten sehr aufgewühlt ins Revier gekommen und habe ausgesagt, die Ehefrau und die Tochter des Angeklagten seien aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Sie habe ebenfalls den Verdacht, dass sich der Mann an dem Kind vergangen habe. Auch die ältere Tochter des Angeklagten aus seiner ersten, bereits geschiedenen Ehe habe ihr unter Tränen von sexuellen Belästigungen in ihrer Kindheit durch den Vater berichtet. Die Söhne des Angeklagten hätten sie von einer Aussage abhalten wollen. Sie hätten die Vorkommnisse intern in der Familie klären wollen.

Der Angeklagte hat bisher zu den Vorwürfen geschwiegen. Angeblich möchte er aber an einem der folgenden Prozesstage eine Aussage machen. Die Verteidigung stellte den Antrag auf eine gynäkologische Untersuchung der Tochter. Auf eine weitere Vernehmung der Elfjährigen wurde aber einvernehmlich verzichtet: Das Mädchen habe zweimal bei der Polizei und vor Gericht zu den Vorfällen ausgesagt. Eine weitere Vernehmung sei psychisch zu belastend und mit der Wahrung des Kindeswohls nicht vereinbar.

Der Prozess wegen schweren sexuellen Missbrauchs wird am Mittwoch, 10. Februar, um 9 Uhr fortgesetzt. Simone Weiß