Zwischen Neckar und Alb

Selbst die Delle bleibt original

Sammlung Der 67-jährige Arnold Bruns aus Altbach ist ein großer Oldtimer-Fan. Hauptsächlich fährt er auf Motor­räder der Marke Moto Guzzi ab, aber er hat auch noch andere Schätze in seinem „Schauraum“. Von Roland Kurz

Beinahe ein kleines Museum: die Moto-Guzzi-Sammlung von Arnold Bruns.Foto: Roberto Bulgrin
Beinahe ein kleines Museum: die Moto-Guzzi-Sammlung von Arnold Bruns. Foto: Roberto Bulgrin

Mein Alltagsgefährt“, sagt Arnold Bruns so beiläufig, als würde er neben einem normalen Motorrad stehen. Er steht aber neben einer Maschine, die überall Aufsehen erregt. Eine Moto ­Guzzi, Baujahr 1979, mit Seiten­wagen. Für den 67-Jährigen aus Altbach mag die V 1000 Convert mit Automatikgetriebe ein normales Gefährt sein, denn er besitzt von der legendären italienischen Marke noch manche Rarität.

Mit einer NSU Lux hat Bruns’ Leidenschaft zu den alten Zwei­rädern angefangen - obwohl er die Lux nur gekauft hatte, weil er sie für „’nen Appl und ein Ei“ bekam. Mit dieser 200er oder mit einer Zündapp fuhr der gebürtige Bremer öfter zu Motorradrennen in Holland oder im Harz. Dann kam er auf den Guzzi-Gespann-­Geschmack: 1976 schaffte er sich eine 850er California an und baute einen russischen Seitenwagen dran, dafür ist die Moto ­Guzzi schon serienmäßig ausgerüstet. Karina Bruns teilt die Leidenschaft ihres Mannes und setzt sich gern in diesen Seitenwagen.

Wie ein kleines Museum wirkt der „Schauraum“, in dem der Oldtimer-Fan seine Schätze aufgereiht hat. Andere hätten das ehemalige Fotostudio zum Wintergarten umgebaut, Bruns zur Guzzi-Voliere: Vor der roten Fahne mit der Adlerschwinge steht die einzylindrige „Astore“ (Habicht) aus dem Jahr 1950, den die italienische Polizei bis 1967 fuhr. Daneben der grüne Stieglitz (Cardellino), Baujahr 1956, mit 65 Kubikzentimeter Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von 55 Kilometern. Diese kleine Guzzino war für die Italiener das, was die NSU Quickly in den 50er-Jahren für die Deutschen war. Dem Heinkel Tourist-Roller entsprach der gelbe ­„Galletto“ (Hähnchen), wie man im Süden balzende junge Männer nennt. Technisch ein feines Gefährt, mit Elektrostarter, einseitig gelagerter Kurbelwelle und einseitiger Radaufhängung hinten, hydraulisch gefedert.

Oldtimer-Fans müssen schrauben und basteln können, allemal, wenn man die hierzulande seltene Moto Guzzi fährt. „Da ist man auf sich selbst angewiesen“, meint Bruns, der sich autodidaktisch zum Motorrad-Bastler entwickelte. Bemerkenswert ist auch die Ladebühne, die Bruns mit einem befreundeten Ingenieur hinters Haus gebaut hat. Nur so kann er die Motorräder vom Showroom auf Garagenhöhe befördern.

Auf Originalzustand legt Bruns hohen Wert. Selbst die Delle am Kotflügel der „Astore“ hat er belassen. Das verleihe Patina, ebenso wie der handgemalte Zierstreifen. Nur bei der Convert, aber die ist ja Alltagsgefährt, machte er eine Ausnahme: Unter dem Seiten­wagen hat er einen Ölkühler montiert. Der bringt die fünffache Kühlfläche, um das heiße Automatikgetriebe zu schonen.

„Haben wollen“, so tickt ein Sammler. Auch wenn es die Oldtimer nicht für ’nen Appl und ’nen Euro gibt. „Es läppert sich zusammen“, gesteht der pensionierte Bundesbanker. Selbst wenn er die 850er Le Mans in einem Schuppen im Schwarzwald ausfindig gemacht hat. 15 Jahre hatte die Sportmaschine mit dem 90-Grad-V-Motor vor sich hin gegammelt. Bruns hat sie wieder neu „aufgebaut“, also jedes Einzelteil geputzt und geprüft. Erst vor wenigen Tagen hat er das Motorrad, Baujahr 1980, wieder zugelassen.

Ein NSU ergänzt die Sammlung

Eine Ausnahme steht in der ­Guzzi-Sammlung: eine ­Aermacchi 350 TV, ein italienischer Ein­zylinder, auf dem der Name Harley ­Davidson prangt, weil die Amerikaner der Firma finanziell unter die Arme gegriffen hatten. Baujahr 1971, aber nur 1700 Kilometer, weil der erste Besitzer mit dem rassigen Sportgerät unglücklich war. Übergehen darf man auch die Benelli, Baujahr 1984, nicht: der kleinste Vierzylinder, der je gebaut wurde, ganze 231 Kubikzentimeter Hubraum. „Dreht wie verrückt“, beschreibt Bruns das Fahrgeräusch.

Und schließlich steht noch ein altes Auto vor der Garage. Der NSU Prinz 4L - Zweizylinder, 600 Kubik, 30 PS - erinnert den Motorrad-Freak an sein erstes Auto. Damit keine Missverständnisse aufkommen, klebt am Heck der Aufkleber: „Sonst fahre ich Motorrad“. Daneben klebt noch der Bäpper der Oldtimerfreunde Deizisau, mit denen er gelegentlich Ausfahrten macht. Sofern Arnold Bruns gerade nicht mit dem Guzzi-Stammtisch Uhingen und seiner Convert 1000 auf Achse ist.