Zwischen Neckar und Alb
Sorgenfalten wegen knapper Rohstoffe

Wirtschaft Unternehmen aus dem Raum berichten von hohen Preissteigerungen und langen Lieferzeiten. Nachschubprobleme gibt es vor allem bei Metallen, Mineralien, Kunststoffen und Holz. Von Henrik Sauer

Die Auftragsbücher der Industriebetriebe füllen sich wieder. Doch gibt es ein Problem, das den Unternehmen zu schaffen macht: Die Preise für Rohstoffe und Energie sind erheblich gestiegen, Materialknappheit führt zu Engpässen in der Produktion. „Bei den produzierenden Unternehmen ist das gerade das Thema Nummer eins“, sagt Christoph Nold, Leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen der Industrie- und Handelskammer. Die gewohnte Situation, dass man die Rohstoffe einfach abgerufen hat und diese zu nahezu unveränderten Preisen verfügbar waren, hat sich komplett geändert. „Für die Unternehmen ist das eine riesen Herausforderung. Sie können ihre Lieferzeiten nicht mehr einhalten“, sagt er.

In der Konjunkturumfrage der Kammer sagten 60 Prozent der Industriebetriebe im Kreis Esslingen, dass sie in den hohen Energie- und Rohstoffkosten ein Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung sehen. Die Rohstoffknappheit zieht sich durch den gesamten Rohstoffmarkt. Besonders betroffen sind Metalle, Mineralien, Kunststoffe sowie Holz. „Die aktuelle Situation rund um die Rohstoffknappheit ist ein großes Problem“, sagt Klaus Winkler, Vorsitzender der Geschäftsführung des Nürtinger Maschinenbauers Heller. Das stellt den Einkauf vor Herausforderungen, da die Materialversorgung Priorität bei Heller hat. Bisher konzentriere sich die Verknappung auf Blechbaugruppen, Eisenguss und insbesondere auf Elektrobauteile wie Kabel, Motoren, Schalter und Sensorik-Bauteile.

„Die Preise für Stahlbleche haben sich verdoppelt“, berichtet der Geschäftsführer. Der Auftragseingang bei Heller lag Ende April 35 Prozent über dem Vorjahreswert. Insbesondere auf dem europäischen Markt sei eine Belebung zu spüren, sagt Winkler. 60 Prozent aller Maschinenaufträge stammten aus Branchen außerhalb der Automobilindustrie. Hingegen bleibe das Geschäft mit Maschinen und Anlagen für Pkw-Verbrennungsmotoren schwach. Man sei vorsichtig optimistisch, so Winkler: „Dennoch müssen wir weiterhin auf die Kosten achten. Daher ist auch im ersten Halbjahr Kurzarbeit unverzichtbar.“

Beim Hersteller von Sensor-Lösungen Leuze in Owen führt man die Knappheit der Ressourcen auf eine allgemeine Überhitzung des Marktes zurück. Insbesondere im Maschinenbau gebe es exorbitante Wachstumsraten, sagt Geschäftsführer Ulrich Balbach. Auch Leuze verzeichne Wachstumsraten in einer nie zuvor dagewesenen zweistelligen Höhe. Die Auftragseingänge lägen bis zu 80 Prozent über Plan. Die aktuelle Marktsituation führe zu einem enormen Mehrbedarf an Rohstoffen. Außer bei Halbleitern und elektronischen Bauteilen spüre man das auch bei Kupfer und Kunststoffgranulat, die für die Branche ebenfalls relevant seien. Ein Preisanstieg der Rohstoffe von fünf bis 15 Prozent sei durchaus üblich. Gepaart mit immer längeren Lieferzeiten. Balbach: „Wir disponieren derzeit mit einigen Lieferanten unsere Bedarfe bereits ein Jahr im Voraus, um unsere Kunden entsprechend ihren Bestellungen beliefern zu können.“

„Die hohen Kosten führen dazu, dass unsere Herstellkosten seit Januar extrem gestiegen sind“, sagt Daniel Letzgus, Leiter Globaler Einkauf beim Nürtinger Elektrowerkzeugehersteller Metabo. „Bis Ende März haben wir die Mehrkosten allein getragen. Unsere Hoffnung, dass sich die Kostensituation normalisiert, hat sich nicht erfüllt. Daher sahen wir uns gezwungen, einen Teil der Kosten auf den Markt umzulegen.“