Zwischen Neckar und Alb

Stadtmauern der besonderen Art

Kunst Sol LeWitts vierteiliges Skulpturenwerk kann dank der Hilfe von Sponsoren neu aufgebaut werden.

Spendengeld-Sammler Herbert Rösch erklärt Ludger Eltrop, Galerie-leiterin Holle Nann und Oberbürgermeister Christof Bolay (von l
Spendengeld-Sammler Herbert Rösch erklärt Ludger Eltrop, Galerie-leiterin Holle Nann und Oberbürgermeister Christof Bolay (von links) die Erneuerung der Kunstwerke.Foto: Roberto Bulgrin

Ostfildern. Was Ostfildern mit internationalen Metropolen wie Hamburg, Frankfurt, New York oder Los Angeles gemein hat? Die Stadt beherbergt Werke von Sol LeWitt, einem Minimal- und Konzeptkünstler von Weltrang. Seine Mauern hatten vor 28 Jahren wie kein anderes Werk polarisiert und zu Leserbriefschlachten zwischen Freund und Feind geführt. Aber sie haben überdauert. Mehr noch: Sie sind zu einem Wahrzeichen der 1975 aus vier selbstständigen Gemeinden entstandenen Filderkommune geworden. Allerdings zu einem vergänglichen. Denn Regen und Frost haben so sehr an den Installationen genagt, dass sie heute vom Verfall bedroht sind. Ostfilderns Alt-OB Herbert Rösch setzte sich deshalb bereits vor Jahren zum Ziel, dieses kulturelle Erbe zu erhalten. Mit Erfolg: Der Kunstliebhaber ist im wahrsten Sinne auf Betteltour gegangen und hat heimische Unternehmen als Unterstützer geworben. Eine sechsstellige Summe ist zusammengekommen - genug, um damit Sol LeWitts vierteiliges „Four Part Piece“ neu aufbauen zu können.

Ein gutes Dutzend Sponsoren hat Rösch für sein Projekt gewonnen. Ihnen öffentlich zu danken, ist ihm ein großes Anliegen. Er tat dies in feierlichem Rahmen in der Städtischen Galerie Ostfildern. Der Alt-OB erinnerte daran, dass die monumentale Freiluft-Installation 1992 Teil des internationalen Skulpturenprojektes der Kulturregion Stuttgart mit dem Titel „Platzverführung“ gewesen sei. Die öffentliche Meinung über das Werk des 2007 verstorbenen US-Amerikaners war von Anfang an gespalten.

Umstrittenes Kunstwerk

Die einen kritisierten es als Verunstaltung der Landschaft, die anderen sahen darin eine Arbeit von hohem Wert. Hinzu kam, dass sich immer wieder Zerstörungswütige mit Schmierereien an den Werken ausließen. Zudem nagte der Zahn der Zeit gehörig an den Werken. Für den früheren Rathauschef war von Anfang an klar: Öffentliche Gelder sollen dafür nicht ausgegeben werden. „Außergewöhnliches Bürgerbewusstsein“ bescheinigte Rösch allen Sponsoren. Er sei tief beeindruckt von deren Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft. Die Kunst-Mauern stünden für Ostfildern, machte auch Röschs Nachfolger Christof Bolay klar. Bolay sieht in Sol LeWitts Werken „Weltkunst“. Darauf dürfe Ostfildern stolz sein.

Mit der Restaurierung soll im Oktober begonnen werden. Wobei Restaurierung der falsche Ausdruck ist, denn die Mauern werden von Grund auf erneuert. Rechtliche Probleme werde es nicht geben, so Rösch. Geschützt sei bei dieser Konzeptkunst nur die Idee. Man werde aber alles daran setzen, eine originalgetreue Nachbildung zu schaffen. Mit Kalksandsteinen, die in diesem Format heute gar nicht mehr marktüblich seien, erklärt Jochen Bayer, Geschäftsführer eines Kalksandsteinwerks in Esslingen. Die alten Formkästen gebe es noch, damit sollen die rund 5000 benötigten Steine hergestellt werden.Harald Flößer