Zwischen Neckar und Alb
Streit im Ausschuss: VVS-Fahrkarten werden teurer

Verkehrswende Das ÖPNV-Ticket im Tarifverbund Stuttgart kostet bald mehr. Das Echo im Landkreis darüber ist geteilt, im zuständigen Ausschuss kam es zu hitzigen Diskussionen. Von Dominic Berner

Wie jedes Jahr will der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) auch 2022 die Preise erhöhen. Das bedeutet: Die Fahrkarten und Abonnements für den öffentlichen Nahverkehr sollen um 2,5 Prozent teurer werden. Der Grund seien höhere Betriebskosten. Auch die wegen der Coronapandemie gesunkenen Fahrgastzahlen und niedrigeren Einnahmen führten zu der Erhöhung,

 

Wer sich mit zwei Euro pro Liter Benzin vertraut macht, der kann sich über unsere Preise nicht beklagen.
Horst Stammler
VVS-Geschäftsführer

 

wie der Geschäftsführer des Verbunds, Horst Stammler, erklärte. In der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses des Esslinger Kreistages wurde darüber beraten, ob der Landkreis dieser Erhöhung zustimmt. In dieser Frage klafften die Meinungen weit auseinander.

Dreizehn Ja- zu zehn Nein-Stimmen: Das ist die Bilanz der Abstimmung. Sprich: Der Kreistagsausschuss ist mehrheitlich mit der Preiserhöhung um zweieinhalb Prozent einverstanden – doch sehr viel knapper hätte der Beschluss kaum ausgehen können.

Um den Ratsmitgliedern die Hintergründe zu erläutern, war der VVS-Geschäftsführer Horst Stammler in den großen Sitzungssaal des Esslinger Landratsamtes gekommen. Zwar nutzten in der Region wieder mehr Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel, doch befänden sich die Fahrgeldeinnahmen noch immer auf nur 75 Prozent des Vorkrisenniveaus. „Wir glauben, dass die Anpassung von 2,5 Prozent angemessen ist“, sagte Stammler. Das große Problem sei, dass noch immer große Veranstaltungen wie das Volksfest auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart fehlten.

Wie die Preiserhöhungen im Detail aussehen sollen, veranschaulichte Stammler, indem er die geplanten Ticketpreise und die Entwicklung der vergangenen Jahre vorstellte. So soll ein Einzelfahrschein, der in den S-Bahnen und Bussen der Region sowie in den U-Bahnen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) gilt, in den Preisstufen 1, 3 und 4 jeweils um 10 Cent und in den Stufen 2, 5, 6 und 7 um jeweils 20 Cent erhöht werden. Dabei entsprechen die Stufen den Tarifzonen des Verbundes. Tageskarten sollen weiterhin genau doppelt so viel kosten wie das Einzelticket. Damit steigt auch ihr Preis.

„Jahresticket Plus“ wird günstiger

Aber auch bei den Dauerfahrkarten – sei es für ein Jahres- oder für ein Monatsabonnement – gibt es preisliche Änderungen. So soll das „Jahresticket Plus“ um etwas mehr als drei Euro günstiger werden, wie dem Beschlussantrag zu entnehmen ist. Dagegen soll das 9-Uhr-Monatsabo, das in Zone 1 derzeit 54,50 Euro kostet, vom kommenden Jahr an einen Euro teurer werden. Der VVS-Geschäftsführer verwies auf die steigenden Benzinpreise: „Wer sich mit zwei Euro pro Liter vertraut macht, der kann sich über unsere Preise nicht beklagen.“

Das sahen einige Kreisräte anders. Vor allem die Preissteigerungen der Abonnements riefen Kritik hervor. So bemerkte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Marianne Erdrich-Sommer, dass die Erhöhung unter normalen Umständen gerechtfertigt wäre. Doch die herrschten momentan nicht, weshalb die Anpassung ein „falsches Signal“ sei. Ähnlich bewertete Steffen Weigel (SPD) die Erhöhung: „Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, ein Abonnement in der Tasche zu haben. Erst dann können wir uns über die Erhöhung der Einzeltickets unterhalten.“ Peter Rauscher (Linke) drückte es noch drastischer aus: Viele Abo-Kunden hätten auch während der Krise weiterhin ihre Beiträge bezahlt und damit den VVS unterstützt. „Und jetzt kriegen sie die Quittung für ihre Treue“, bedauerte er.

Doch es gab auch Fraktionen, die das Vorhaben des VVS unterstützen. „Wir halten das für wohl durchdacht“, sagte der Sprecher der Freien Wähler, Armin Elbl. Die Preissteigerung werde als angemessen und moderat empfunden. Ähnlich äußerte sich Ulrich Fehrlen, der Vertreter der FDP im Kreis, die der Erhöhung ebenfalls zustimmte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Sieghart Friz betonte: „Der Zeitpunkt und die Höhe der Tarifanpassung erscheint der CDU richtig und nachvollziehbar.“ Besonders zwischen FDP und Linke entbrannte zwischenzeitlich ein hitziges Wortgefecht. Am Ergebnis änderte dies allerdings nichts.

Laut Landrat Heinz Eininger war der Kreis Esslingen der letzte Landkreis, in dem zu diesem Thema abgestimmt wurde. Mit ihrer Zustimmung haben die Kreisräte den Landrat damit beauftragt, in der VVS-Gesellschafterversammlung am 12. Oktober der Tarifanpassung zuzustimmen.

 

Im Schnitt steigt der Preis der Fahrkarten um 2,5 Prozent 

Entscheidung Die Regionalräte haben der Erhöhung der Fahrkartenpreise mehrheitlich zugestimmt. Die Änderungen sollen vom 1. April 2022 an gelten. Bei der VVS-Gesellschafterversammlung am 12. Oktober soll die genaue Umsetzung beschlossen werden.

Neue Preise  Manche Tickets werden teurer, manche bleiben im Preis stabil, wenige wiederum werden sogar etwas günstiger. Im Schnitt soll der Preis der Fahrkarten aber um 2,5 Prozent steigen. So zum Beispiel das Gruppen-Tagesticket für zwei Zonen, bei dem mit 9,68 Prozent am meisten aufgeschlagen wird. Auch Dauerfahrkarten wie das 9-Uhr-Monats-Ticket kosten dann mehr, für zwei Zonen beispielsweise plus 2,13 Prozent. Geringfügig günstiger werden etwa die Firmentickets für eine Zone um knapp minus 0,3 Prozent.  dcb