Die Zeiten ändern sich: Zu Beginn der Pandemie galt die Sorge vor allem der Wirtschaft, die in unsicheren Zeiten bei der Ausbildung zögert. Inzwischen ist die Stimmung in den Betrieben so gut wie lange nicht, doch der Lehrstellenmarkt kommt trotzdem nicht auf Touren. Die Zahl der Bewerber ist in den beiden Corona-Jahren im Landkreis Esslingen doppelt so stark gesunken wie die Zahl der angebotenen Lehrstellen. Das zeigen aktuellste Zahlen von Ende Mai. Demnach gibt es im Kreis zurzeit noch 1300 freie Ausbildungsplätze in 180 unterschiedlichen Berufen.
Woran es liegt, dass Topf und Deckel nicht zusammenfinden, darauf gibt es nicht eine Antwort, sondern mehrere. Eine hat mit Corona wenig zu tun: Der Strukturwandel macht sich vor allem in technischen Berufen und Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie und im Maschinenbau bemerkbar. Ein Thema, das laut Karin Käppel, der Geschäftsführerin der Göppinger Arbeitsagentur, Eltern und Jugendliche gleichermaßen verunsichert.
Von der Schule leichter in den Beruf
Der Landkreis beschreitet gemeinsam mit der Landesregierung neue Wege, um schwächeren Schülerinnen und Schülern, die noch nicht die nötige Ausbildungsreife haben, den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Vom übernächsten Schuljahr 2022/23 an gibt es an den beruflichen Schulen im Kreis schrittweise eine „Ausbildungsvorbereitung dual (AVdual).“ Der neue Bildungsgang ersetzt die seitherigen VAB-Klassen und das Berufseinstiegsjahr (BEJ). Er soll spätestens bis Schuljahresbeginn 2025 an allen beruflichen Schulen im Landkreis unter Einbeziehung der Schulsozialarbeit angeboten werden.Wichtigster Baustein des neuen Modells sind Betriebspraktika, in denen Schulabgänger die Berufswelt und eigene Neigungen besser kennenlernen sollen.
Verknüpft wird AVdual mit einem sogenannten regionalen Übergangsmanagement (RÜM), in dem alle am Ausbildungsmarkt beteiligten Partner gemeinsam eine Steuerungsfunktion übernehmen. Dazu gehören neben IHK und Handwerkskammer unter anderem auch Schulvertreter, Jobcenter und Jugendberufsagentur.
Es gehe darum, Fähigkeiten herauszustellen, die Zeugnisse nicht abbilden, sagt Landrat Heinz Eininger, der sich gegenüber dem neuen Modell der Landesregierung allerdings zurückhaltend gibt. Die bisherigen Erfolgsquoten in Versuchsschulen entsprächen dem, was man bisher mit vorhandenen Instrumenten erreicht habe, sagt Eininger. „Unsere Vorbereitungsklassen waren sehr erfolgreich.“ bk