Zwischen Neckar und Alb

Totschlag oder nur Notwehr?

Verhandlung Beim Prozess gegen den Messerstecher aus Wendlingen sieht der Beschuldigte sich in einer Notwehrsituation.

Gericht
Symbolbild

Wendlingen. Ein 21-jähriger Mazedonier soll am Mittag des 3. Dezember letzten Jahres ein Messer eingesteckt und damit auf dem Marktplatz von Wendlingen seinen 22-jährigen Freund niedergestochen haben. Damit habe er dessen Tod in Kauf genommen, sagt jetzt vor dem Stuttgarter Landgericht der Staatsanwalt. Doch der 21-Jährige nennt es Notwehr.

Versuchter Totschlag oder Notwehrtat? Die Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht muss dies in der Hauptverhandlung klären. Der aus Mazedonien stammende berufs- und arbeitslose Angeklagte habe angenommen, dass das 22-jährige Opfer mit seiner damaligen Freundin anzubandeln versuchte. Deshalb, so die Anklage, habe man sich bereits am Tag vor der Tat über Whatsapp zu einem Treffen am Wendlinger Marktplatz auf den 3. Dezember verabredet, um das „Problem“ zu klären. Auf dem Wendlinger Marktplatz war damals gerade der Weihnachtsmarkt in vollem Gange.

Mit dem Messer nur gewehrt

Doch zu dieser Aussprache kam es nicht. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte die Absicht hatte, den 22-Jährigen zu attackieren, sonst hätte er die Waffe nicht mitgenommen. Nach kurzer Unterredung habe er sein Messer aus der Jackentasche geholt und seinem Kontrahenten Stiche in Rumpf und Hüfte verpasst. Zu weiteren Messerstichen sei es nur deshalb nicht gekommen, weil eine Freundin und Passanten einschritten und den 21-Jährigen wegzerrten.

Allerdings stellt der 21-Jährige die Geschehnisse anders dar: Beim Treffen in Wendlingen habe ihn der 22-Jährige gleich gepackt, geschlagen und seine Arme nach unten gedrückt, sodass er wehrlos war. Zudem habe er mehrere Freunde des 22-Jährigen gesehen, die ihn zusätzlich ängstigten. Während der 22-Jährige ihm mehrmals zugerufen habe: „Willst du noch mehr?“, habe er sich mit dem Messer gewehrt. Dann sei er nach Hause gegangen. Später jedoch hatte er sich der Wendlinger Polizei gestellt. In ersten Angaben sagte er, dass sein Drogenkonsum schuld an der Sache habe.

Er bestätigte, dass er in der Nacht zuvor Kokain, LSD, Marihuana, Ecstasy und Speed konsumiert hätte, und er bestätigt auch, dass er an Leukämie und Hepatitis A und B erkrankt ist. Es gehe ihm jetzt aber besser.

Die Stuttgarter Richter haben sechs Verhandlungstage angesetzt, um Hintergründe zu ermitteln und um Zeugen und einen psychiatrischen Sachverständigen zu hören. Möglicherweise haben die immensen Drogenmengen zur Tatzeit eine Art Blackout ausgelöst. Der Prozess geht am 13. Mai weiter. Bernd Winckler