Zwischen Neckar und Alb
Trachtenausstellung: Das edle Gewand verpflichtet zum Anstand

Kultur Für eine Sonderausstellung im Wendlinger Stadtmuseum wurden alle „Trachten des Jahres“ zusammengetragen.

Wendlingen. „Die Tracht ist der Ausdruck von Heimatverbundenheit und Identifikation mit der eigenen Region“, sagte Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Tracht des Jahres“ im Stadtmuseum Wendlingen. Und zwar in guten wie in schlechten Zeiten: „Eine Tracht verpflichtet den Träger zu einem Verhalten, das seiner Gruppe keine Schande macht – ich würde mir manchmal mehr Rückbesinnung auf dieses Bewusstsein wünschen“, so der Verwaltungschef weiter.

Seit 2006 kürt der deutsche Trachtenverband jährlich seine „Tracht des Jahres“. Welches Gewand in diesem Jahr das Rennen gemacht hat, wird erst beim Deutschen Trachtentag vom 22. bis 24. April in Wendlingen verkündet. Als kleiner Vorgeschmack sind nun alle Gewänder, die bislang mit diesem Prädikat ausgezeichnet wurden, zu sehen. „Das ist eine Besonderheit, zum ersten Mal sind alle prämierten Trachten an einem Ort vereint“, sagt Gunter Dlabal, Vizepräsident des Deutschen Trachtenverbandes und 1. Vorsitzender des Südwestdeutschen Gauverbands der Heimat- und Trachtenvereine.

Das war viel Arbeit, denn mehr als zwei Jahre habe die Vorbereitung gedauert. Die prächtigen Gewänder der Ausstellung mussten aus ganz Deutschland zusammengetragen werden. Sie gehören Vereinen oder stammen aus Privatbesitz. Bernhard Borho, seines Zeichens Vorstand des Trachtenvereins St. Georgen, kam höchstpersönlich auf den letzten Drücker aus dem Schwarzwald angereist und drapierte wenige Minuten vor der offiziellen Ausstellungseröffnung eigenhändig einen prächtigen Schäppel – eine handgefertigte Brautkrone – in der extra für das Prunkstück aufgestellten Vitrine. Der etwa 80 Jahre alte verzierte Kopfschmuck aus bunten Kugeln und Perlen, Spiegelchen und kleinen Steinen blieb in der Regel in Familienbesitz und wurde von Mutter zur Tochter weitergegeben. Ein weiterer Blickfang ist die 2012 ausgezeichnete Föhrer Tracht mit ihrem prachtvollen Silberschmuck. „Die Besonderheit ist, dass auf Föhr nur Frauen Tracht trugen“, erläutert Dlabal. Die Erklärung dafür ist simpel – die Männer der Insel Föhr fuhren ein Großteil des Jahres zur See und trugen dort die entsprechende Kleidung. In ihrer Heimat entwickelte sich so lediglich eine reine Frauen- und Mädchentracht.

Alle 15 Exemplare zu sehen

Zu sehen sind in Wendlingen alle 15 bislang als „Tracht des Jahres“ ausgezeichneten Gewänder, allerdings wegen des beschränkten Platzangebots meist nicht im gesamten Ensemble, das aus Kinder- und Erwachsenentracht besteht. Geplant waren die Ausstellung und der Deutsche Trachtentag in Wendlingen eigentlich schon für 2021 – beide Veranstaltungen wurden wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben. Kerstin Dannath

 

Volkstänze auf
dem Marktplatz

Ausstellung Die Sonderausstellung „Tracht des Jahres“ ist bis zum 8. Mai im Wendlinger Stadtmuseum zu sehen. Geöffnet ist das Museum samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr sowie 14 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung gibt es eine Begleitbroschüre. Mehr Infos gibt es unter www.museum-wendlingen.de
Deutscher Trachtentag Die Veranstaltung vom 22. bis 24. April in Wendlingen ist die Jahreshauptversammlung des Deutschen Trachtenverbands. Die größte deutsche Organisation, die sich der Heimat- und Brauchpflege verschrieben hat, gliedert sich in zwölf Landesverbände und hat rund zwei Millionen Mitglieder. Dazu kommen etwa 200 000 Kinder und Jugendliche, die in der Deutschen Trachtenjugend organisiert sind. In Wendlingen wird auch die „Tracht des Jahres“ gekürt. Am Samstag, 23. April, führt die Deutsche Trachtenjugend von 11 Uhr an auf dem Wendlinger Marktplatz Volkstänze auf. Der Brauchtumsabend ist wegen Corona lediglich geladenen Gäste vorbe­halten. kd