Zwischen Neckar und Alb

Trauernden fehlen Rituale

Soziales in der ­Pandemie ist die professionelle Begleitung von Hinterbliebenen durch das Hospiz Esslingen gefragt.

Esslingen. Wer einen geliebten Menschen verliert, fühlt sich oft allein und verloren. Rituale wie das gemeinsame Abschiednehmen auf einer Trauerfeier und das anschließende Beisammensein, eine Umarmung und Menschen, die die Trauer mit aushalten, tun da gut. All diese Formen der Zuwendung sind durch die ­Corona-Pandemie fast unmöglich geworden. ­Hinzu kommt, dass Angehörige Sterben­den wegen der Einschränkung der Besuche nur begrenzt beistehen können. Umso wichtiger ist für viele Trauernde eine qualifizierte Begleitung. Diese leistet seit Jahren der Trauerbereich im Hospiz Esslingen. Der Förderverein Hospiz Esslingen finanziert einen beträchtlichen Teil der Arbeit. Angesichts des gestiegenen Bedarfs hat er sein Engagement erheblich aufgestockt. „Das ist uns ein Anliegen, weil viele ungetröstet sind beim Abschiednehmen“, betont Marianne Hertle, die Vorsitzende des Fördervereins.

Allein bei den Einzelbegleitungen, die auch während der Beschränkungen immer möglich waren, hätten sich die Anfragen mehr als verdoppelt, weiß Irmgard Eismann, federführende Trauerbegleiterin im Hospiz. „Trauernde fragen schneller nach Begleitung, weil alles wegfällt, was sonst Entlastung bietet, wie etwa das Treffen und Reden mit Freunden oder der Nachbarschaft. Das normale Netzwerk kann kaum greifen.“

Um den Verlust eines Menschen zu bewältigen, ist das Abschiednehmen wichtig. „Sich zu verabschieden - vom Lebenden und vom Leichnam - ist der erste Schritt, um zu realisieren, dass ein Mensch tot ist und der Anfang, um die Trauer zu realisieren“, erklärt Eismann. Vor allem wenn wie bei an Corona Verstorbenen keine Verabschiedung am offenen Sarg möglich sei, werde dies erschwert. Zudem konnten Trauerfeiern meist nur im kleinen Kreis stattfinden. Wo sonst viele Anteilnehmende dem Trauernden das Gefühl geben können, nicht alleine zu sein, war die Zahl der Trauergäste teilweise auf wenige Personen begrenzt. Und auch danach waren soziale Kontakte begrenzt. Vieles, was durch den Alltag tragen würde, fällt weg, wenn man sich nicht mit anderen Menschen treffen kann. „Die professionelle Begleitung springt in diese Lücke“, so Eismann. Das kann auch eine der Hospiz-Trauergruppen sein. Ulrike Rapp-Hirrlinger