Zwischen Neckar und Alb

Um Gymnasium entzündet sich Streit

Schule Plochingen sieht sich nicht in der Lage, die 60 Millionen Euro teure Sanierung ohne ihre Nachbarn zu stemmen. Die wollen sich notfalls auch juristisch gegen eine Beteiligung wehren. Von Claudia Bitzer

Das Plochinger Gymnasium, das zweitgrößte im Land, ist sanierungsbedürftig. Nun ist ein Zwist mit den Nachbarkommunen um die Kos
Das Plochinger Gymnasium, das zweitgrößte im Land, ist sanierungsbedürftig. Nun ist ein Zwist mit den Nachbarkommunen um die Kostenbeteiligung entbrannt. Foto: Roberto Bulgrin

Wenn man zwölf Bälle in der Luft hat, dann muss man sehen, dass man sie auch fängt.“ So beschreibt Plochingens Bürgermeister Frank Buß, was ihm und dem Gemeinderat derzeit abverlangt wird. Plochingen muss für die Sanierung und Erweiterung seines Gymnasiums in den kommenden Jahren fast 60 Millionen Euro schultern. Die Nachbarkommunen Reichenbach, Hochdorf, Lichtenwald, Wernau, Deizisau und Altbach haben angekündigt, sich gegen eine finanzielle Beteiligung bis zur letzten Instanz zur Wehr zu setzen - obwohl 70 Prozent der Schüler am Plochinger Gymnasium von auswärts kommen.

Wer bestellt, bezahlt: Das gelte auch in diesem Fall. Schließlich habe die Stadt mit kostenrelevanten Vorgaben wie dem G8/G9-Modellversuch oder der Sechszügigkeit Fakten geschaffen, heißt es in einem Schreiben des Reichenbacher Bürgermeisters Bernhard Richter an den Plochinger Gemeinderat und seinen Amtskollegen Frank Buß. Es sei Sache der Stadt Plochingen, ihre Vorstellungen dem städtischen Haushalt anzupassen.

Dass alle kostenrelevanten Bausteine auf den Prüfstand müssen, hat der Plochinger Gemeinderat nun bekräftigt. Wie hoch der Spielraum angesichts eines hochkomplexen Bauprozesses am zweitgrößten Gymnasium in Baden-Württemberg aber tatsächlich ist, ist fraglich. Deshalb hat der Rat seinen Bürgermeister beauftragt, juristisch prüfen zu lassen, ob das Kultusministerium die Stadt dazu zwingen kann, das Gymnasium sechszügig und nicht nur fünfzügig zu bauen. Laut Regierungspräsidium wird ein sechszügiges Gymnasium gebraucht - wie es Plochingen bislang auch geplant hat. Die Schulleitung wollte sogar ein siebenzügiges Haus haben, um der großen Nachfrage bei Schülern und Eltern nachzukommen.

Die Stadt habe nicht ausreichend auf ein fünfzügiges Gymnasium bestanden, so Richter. Mit dem Schachzug, den Zwang zur Sechszügigkeit jetzt rechtlich abprüfen zu lassen, hofft Buß nicht nur eine Klärung des Sachverhalts. Es ist auch ein Versuch, aus der Situation zwischen allen Stühlen herauszukommen. „Wenn man uns schon in so eine Situation hinein manövriert, muss uns das Land auch helfen und bereit sein, auf die Zuschüsse ein paar große Schippen drauf zu legen“, so Buß. Derzeit geht die Stadt von einer Förderung in Höhe von 15 Millionen aus. Ebenso sieht er „einen gewissen Druck“ aufs Land, die Beteiligung der Kommunen zu regeln.

Was also bleibt der Stadt Plochingen? Das Gesamtpaket ist komplex - und verlangt Schülern und Lehrern jede Menge Beweglichkeit ab. Ob die Stadt vor 2024 aus ihrem G8/G9-Modell aussteigen könnte, ist mehr als fraglich - vom Elternwillen ganz abgesehen.

Der Gemeinderat möchte, dass die Verwaltung nicht nur Einsparpotenziale prüft, sondern auch das Thema Neubau statt Sanierung noch einmal in den Blick nimmt. Frank Buß sieht dabei allerdings kaum Chancen, preisgünstiger wegzukommen und das Problem zeitnah zu lösen.

Rechtssicherheit gibt es nicht

Im Rechtsstreit der Stadt Geislingen mit zwölf Nachbarorten, die sich nicht an der Sanierung des Michelberggymnasiums beteiligen wollten, gab es 2015 zwar eine Entscheidung des Stuttgarter Verwaltungsgerichts. Darin ist auch formuliert, dass Umlandgemeinden an den Sanierungskosten beteiligt werden müssten, sobald der Anteil der auswärtigen Schüler einer Schule seit fünf Jahren mindestens 50 Prozent betrage. Ein Verfahrensfehler führte jedoch dazu, dass die Causa wieder komplett aufgerollt werden musste und bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Immerhin schreibt das Kultusministerium seitdem ein vierstufiges Verfahren vor, das Kommunen vor der rechtlichen Klärung abhaken müssen. Rechtssicherheit für andere Kommunen gibt das Urteil des Verwaltungsgerichts von 2015 offenbar jedoch nicht. cbi