Zwischen Neckar und Alb

Um jeden Arbeitsplatz wird gekämpft

Wirtschaft Das Esslinger Unternehmen Eberspächer möchte Bereiche der Produktion ins Ausland verlagern. Beschäftigte und Gewerkschaften demonstrieren gegen den geplanten Stellenabbau. Von Simone Weiß

Etwa 250 Menschen demonstrieren gegen den geplanten Stellenabbau bei Eberspächer.Foto: Ines Rudel
Etwa 250 Menschen demonstrieren gegen den geplanten Stellenabbau bei Eberspächer. Foto: Ines Rudel

Die Beatles und Die Ärzte dröhnen aus den Lautsprechern. Von Pop bis Punkrock reicht die musikalische Mischung. Doch die Demonstrierenden, die um 11.50 Uhr auf dem Charlottenplatz in Esslingen eintreffen, haben nicht gerade bunt gemischte Ansichten. Sie sind sich einig: Sie demonstrieren gegen den geplanten Abbau von etwa 300 Arbeitsplätzen beim Autozulieferer Eberspächer. Sie protestieren gegen die Schließung des Werks 3, sind für einen Erhalt der Heizungsfertigung am Standort Esslingen und wollen einen „akzeptablen Sozialplan plus Transfergesellschaft“. Das Familienunternehmen möchte nämlich die Fertigung von brennstoffbetriebenen Fahrzeugheizungen bis ins Jahr 2022 am Standort Esslingen aufgegeben und sie stufenweise in das polnische Werk in Oława und zu Lieferanten verlagern. Nur das technologische Zentrum für Abgastechnik, Fahrzeugelektronik oder Fahrzeugheizungen sowie Vertriebs- und Zentralfunktionen mit dann noch etwa 1000 Mitarbeitenden sollen laut Unternehmen weiterhin in Esslingen verbleiben.

„Zukunft aufbauen statt Stellen abbauen“, „Respekt ist unsere Alternative“, „Solidarität gewinnt“ - den Slogans auf den Demo-Transparenten kann Celal Yesil nur zustimmen. Mit 18 Jahren und damals noch pechschwarzen Haaren, so erzählt der Mitarbeiter von Ebers-pächer, ist er vor 36 Jahren in die Firma eingetreten. Jetzt sind seine Haare grau geworden. Er habe gearbeitet, geschuftet, alles gegeben und geglaubt, das Familienunternehmen biete eine sichere Anstellung. Nun fürchtet er um Arbeitsplatz und Existenz: „Zwei meiner Töchter studieren, wir müssen unser Haus abbezahlen.“

Ähnlich sieht es Valbone Morina, ebenfalls Mitarbeiterin bei Eberspächer: „Wir haben es 50 Jahre lang geschafft, den Standort Esslingen zu bewahren. Warum sollte das jetzt nicht mehr möglich sein? Wir müssen unsere Meinung öffentlich machen.“ Und auch Andreas Streitberger hält den Protest für wichtig: „Wer nicht aufblickt, sieht die Sterne nur in der Pfütze“, sagt der Mann von der IG Metall.

Weniger lyrisch wird die Lage bei Eberspächer gesehen. Anja Kaufer von der Pressestelle verweist auf einen enger werdenden Absatzmarkt, Kostendruck und hohe Verluste, die die Corona-Pandemie noch verschärft hätte. Es müsse gehandelt werden, um das Unternehmen als Ganzes nicht zu gefährden. Ein von der IG Metall vorgelegtes Konzept sei abgelehnt worden, „weil es nachhaltig Verluste in Millionenhöhe erzeugen würde“.

Jetzt krempeln Gewerkschaft und Betriebsrat die Ärmel hoch. Thomas Maier von der IG Metall spricht vor den Demonstranten auf dem Charlottenplatz von „Unternehmerwillkür“, und Jürgen Groß nimmt immer wieder das Wort „Schweinerei“ in den Mund. 20 Millionen Euro wolle Eberspächer einsparen, erklärt der Gewerkschaftsmann. In diese Summe seien auch die Zinsen auf das Eigenkapital eingerechnet. Das sei nicht hinnehmbar. Martin Goretzka, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, verweist auf einen zu schmalen Sozialplan. Hier müssten die Gelder nach oben geschraubt und eine Transfergesellschaft installiert werden. Die Auftragsbücher seien voll: Eberspächer würde zwar auf mangelnde Auslastung verweisen, doch es seien zusätzliche Samstagsschichten angefragt worden und der Einsatz von Leiharbeitern sei im Gespräch.

Corona-Regeln eingehalten

Die Polizei gibt die Anzahl der Demonstrierenden mit etwa 250 Personen an. Die Veranstaltung sei störungsfrei verlaufen, die Maskenpflicht und die Corona-Abstände seien eingehalten worden, so Christian Wörner von der Pressestelle.