Zwischen Neckar und Alb

„Unser bester Mann ist eine Frau“

Hobby Die 83-jährige Sportschützin Charlotte Benz war mehrfach Landesmeisterin und ein Mal deutsche Meisterin.

Als Sportschützin hat Charlotte Benz schon einige Preise abgeräumt: Zahllose Plakate, Plaketten und Urkunden erinnern an ihre Er
Als Sportschützin hat Charlotte Benz schon einige Preise abgeräumt: Zahllose Plakate, Plaketten und Urkunden erinnern an ihre Erfolge. Foto: Gaby Kiedaisch

Wendlingen. Wenn die meisten ans Aufhören denken, hat Charlotte Benz mit dem Schießsport erst begonnen - damals war sie gerade 50 geworden. Benz ist in Wendlingen bekannt als ehrenamtliche Helferin beim AK Asyl, das „Gesicht der Kleiderkammer“, auch bei Carisatt und der Lokalen Agenda ist sie aktiv. Dass sie eine erfolgreiche Sportschützin ist, das weiß kaum jemand. Es ist eine ungewöhnliche Geschichte.

80 Prozent Kopfsache

Bevor sie mit dem Sport anfing, hat sie ihren Mann Heinz Benz als Zuschauerin immer wieder begleitet - wie es viele Frauen tun. Eines Tages fragte er sie, ob sie nicht mal eine Waffe in die Hand nehmen wolle. Das war 1984. Seither ist sie Mitglied im Schützenverein Wendlingen. Für sie ist es mehr als der Wettbewerb um den besten Schuss. „Schießen ist 80 Prozent Kopfsache, 20 Prozent Technik“, sagt die 83-Jährige. Am besten könne sie sich entspannen, wenn sie sich einen Strand vorstellt mit Booten auf dem Wasser. „Das ist wie Yoga. Hinterher könnte ich zwei Tage lang Bäume ausreißen.“ Zu ihren Disziplinen zählen die Sportpistole, eine Kleinkaliberwaffe, mit der aus 25 Metern geschossen wird, die Freie Pistole (50 Meter) und die Luftpistole - ihre Hauptdisziplin.

Charlotte Benz ist erfolgreich. Als Einzelsportlerin und in der Mannschaft hat sie in den letzten 33 Jahren an zahllosen Wettbewerben teilgenommen. Gleich ein Jahr, nachdem sie mit dem Schießsport begonnen hatte, nahm sie an den Kreismeisterschaften teil. Das sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Mehrfach wurde sie Landesmeisterin. Wie oft, das hat sie nie gezählt.

„Zwei Jahre lang waren wir eine reine Frauenmannschaft“, erzählt Charlotte Benz über die Zeit des Vergleichsschießens in der Schießsportliga. „Wir waren erfolgreich, die Männer hatten Respekt vor uns.“ Mit einer anderen Damenmannschaft holte sie 1991 bei der Landesmeisterschaft in der Disziplin Luftpistole den ersten Platz. Damals waren Renate Endreß und Doris Sauter mit von der Partie. Einen neuen Rekord stellte Benz als Einzel-Schützin mit der Sportpistole bei der Bezirksmeisterschaft auf. Im Luftpistoleschießen stellte sie einen neuen Landesrekord auf. Bei so viel Erfolg kommt es nicht von ungefähr, dass sie bei einer Siegerehrung einmal mit folgenden Worten angekündigt wurde: „Unser bester Mann war heute eine Frau.“

2000 nahm sie erstmals an der deutschen Meisterschaft in München teil, auf Anhieb belegte sie Platz 16, obwohl sie sich kaum auf den Wettkampf vorbereiten konnte. Noch drei weitere Male qualifizierte sie sich: 2010 gewann sie die „Deutschen“ in Hannover mit der Luftpistole im Auflageschießen. Von 300 möglichen Ringen errang sie 281. Sie stand ganz oben auf dem Siegertreppchen. „Ein bewegendes Ereignis war das, als die Nationalhymne gespielt wurde“, sagt sie. 2011 verfehlte sie dann knapp den dritten Platz, 2013 war sie wieder qualifiziert. Aber aus Rücksicht auf die Krankheit ihres Mannes sah sie damals von einer Teilnahme ab. Charlotte Benz sagt, dass sie die Herausforderung brauche. Ihr Credo ist: „Jeder Schuss ist ein Wettkampf.“ Man dürfe sich nicht ablenken lassen.

Sie hält sich eisern an Vorschriften

Die 83-Jährige nimmt ihren Schießsport ernst. Sie ist sich ihrer Verantwortung als Schützin bewusst. So hält sie sich eisern an die Vorschrift: Munition und Waffe immer getrennt voneinander aufbewahren. Und nach dem Schießen kommt die Waffe gleich wieder in den Tresor. Mehrfach hat sie Lehrgänge besucht. „Dabei ist immer wieder etwas hängen geblieben“, sagte sie ganz bescheiden. Überhaupt scheint es ein wenig so, als ob es ihr peinlich wäre, dass sie so erfolgreich ist. Auch mit ihren 83 Jahren geht sie noch regelmäßig ins Training. Meisterschaften schießt sie seit sie 82 ist nicht mehr - mit Ausnahme der Vereinsmeisterschaften. Gaby Kiedaisch