Zwischen Neckar und Alb

Unterkunft für Problemfälle verlagert

Baracken werden durch Holzhäuser ersetzt – Neuer Standort steht noch nicht fest

Die Deizisauer Baracken, in denen der Landkreis auffällige Flüchtlinge unterbringt, kommen weg. Wo Unruhestifter künftig hinkommen, weiß man im Landratsamt offenbar noch nicht.

Seit kurzem ist die Sonderunterkunft hinter einem Zaun versteckt. Er verschwindet wieder, weil es von innen und außen Beschwerde
Seit kurzem ist die Sonderunterkunft hinter einem Zaun versteckt. Er verschwindet wieder, weil es von innen und außen Beschwerden gab. Foto: Roberto Bulgrin

Kreis Esslingen. Mitte Januar war die Aufregung in Deizisau groß: Denn der Landkreis schickte ins Flüchtlingswohnheim in der Sirnauer Straße jene Männer, die in anderen Unterkünften durch aggressives Verhalten aufgefallen waren. Seither griff die Polizei einige Male bei Schlägereien in Deizisau ein, aber die Unterkunft war nicht auffälliger als andere.

Den Plan, die alten Baracken, die für 30 Personen sind, durch zwei Häuser für 130 Flüchtlinge zu ersetzen, gibt es schon seit vorigem Jahr. Das Vorhaben wurde aber verschoben, weil in den großen Hallen im Scharnhauser Park und in Aichtal die Streitereien unter den Asylbewerbern mehrfach eskaliert waren und der Kreis eine „Entlastungs-Einrichtung“ für notwendig hielt. Anfang der Woche lag jedoch dem Technischen Ausschuss des Deizisauer Gemeinderats das Baugesuch des Landkreises vor. Auf Nachfrage erklärte Peter Keck, der Sprecher des Landrats, man rechne damit, dass im Laufe des Sommers mit dem Neubau begonnen werde und die Holzmodulbauten Ende des Jahres fertig seien.

Das bedeutet, dass die Sonder-Unterkunft Deizisau aufgelöst wird. Das Konzept wolle man aber nicht aufgeben, so Keck, die Verlegung von Auffälligen habe sich bewährt. Seitdem herrsche in den größeren Unterkünften „überwiegend Ruhe“. Wo künftig die Entlastungs-Einrichtung sein werde, wisse man momentan noch nicht. Benötigt wird eine kleinere, überschaubare Unterkunft.

Dass Deizisau in den vergangenen fünf Monaten vergleichsweise unauffällig lief, bestätigen alle Seiten. Einmal war die Aufregung größer: Nachdem der Polizei ein Streit mit Messer gemeldet worden war, tauchten an die zehn Streifenwagen in der Sirnauer Straße auf. Es stellte sich dann heraus, dass nur eine Flasche eingesetzt worden war. Fast immer war Alkohol im Spiel. Wenigstens zwei Mal wurden Bewohner von der Polizei in Gewahrsam genommen. Einmal war einer gegenüber den Beamten aggressiv geworden, das andere Mal kam einer in die Ausnüchterungszelle, als nach einer Prügelei zwei Bewohner im Krankenhaus behandelt werden mussten. „Es gab nichts Gravierendes“, fasst Polizeisprecher Michael Schaal zusammen, und es habe sich immer in der Unterkunft abgespielt. Einmal wurden in der Tankstelle Äpfel gestohlen. Dass Bürgermeister Thomas Matrohs darauf eine Kiste Äpfel in die Unterkunft stellte, fanden nicht alle Bürger richtig, wie man sogar auf „Zeit online“ lesen konnte.

Matrohs ist in seiner Beurteilung sehr zurückhaltend. Vielleicht sei ja heute Nacht schon der nächste Einsatz. Die Polizeiautos, die relativ häufig mit Signalhorn in die Sirnauer Straße gefahren seien, auch wenn sich das Problem dann als klein herausstellte, hätten doch für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt. Das verstehe er durchaus. Und auf die Zusammenkünfte auf dem Deizisauer Marktplatz, bei denen Rechtsextreme und Antifa-Gruppierungen von der Polizei auseinandergehalten wurden, hätte er gerne verzichtet.

Vom Landratsamt hätten sich der Bürgermeister und der Arbeitskreis Asyl ein besseres Konzept gewünscht. Eines, das über das schnelle Anrufen der Polizei durch die Security hinausgegangen wäre, so Matrohs. Eines, das den Bewohnern Beschäftigung und Sprachunterricht bringt. Zu einigen Bewohnern fanden die Ehrenamtlichen allmählich doch Zugang, berichtet Bettina Siegel vom AK Asyl. Diese hätten sich bei der jüngsten Hausversammlung überlegt, wie sie auf die Bürger positiver wirken könnten, ob sie zum gemeinsamen Grillen einladen sollen.

Was Matrohs, Ehrenamtliche und Flüchtlinge richtig geärgert hat, das war der Zaun, den das Landratsamt vor zwei Wochen aufstellen ließ. Es sei ein Sichtschutz zum gegenüberliegenden Geschäft, erklärt Keck. Die Bewohner fühlten sich wie im Gefängnis, erzählt Bettina Siegel. Der Zaun soll nun wieder entfernt werden.