Zwischen Neckar und Alb

„Veränderungen sind heute Normalzustand“

Empfang Eine Forscherin hält IHK-Unternehmern vor Augen, wie dynamisch sich die Arbeitswelt bewegt.

Angeregte Gespräche beim IHK-Empfang.Foto: Roberto Bulgrin
Angeregte Gespräche beim IHK-Empfang. Foto: Roberto Bulgrin

Filderstadt. Nie nur dem Alten verhaftet, stets bereit, sich auf Neues einzulassen. So stellt man sich einen modernen Arbeitnehmer vor. Diese Bereitschaft zu ständigem Lernen und Umorientieren wird in Zukunft gefragter sein denn je. „Veränderung ist in unserer Arbeitswelt heute schon Normalzustand.“ Davon ist Jutta Rump überzeugt. Transformation sei der viel treffendere Begriff.

Wie diese Dynamik in den nächsten Jahren aussehen wird und wie sich die Unternehmer darauf einstellen müssen, darüber sprach die Professorin und Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen beim Neujahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen in Filderstadt. Rund 500 Unternehmer und Vertreter aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens waren in die Filharmonie gekommen, um sich von der renommierten Wissenschaftlerin mitnehmen zu lassen in die Arbeitswelt 4.0.

Sie könne nicht in eine Glaskugel schauen, sagte Rump. Aber eines sei sicher: Noch nie hätten so viele demografische, technisch-ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen gleichzeitig auf das Arbeitsleben eingewirkt. Und das alles sei noch durchzogen von einem eklatanten Mangel an Fachkräften. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei heute längst nicht mehr nur Thema von Frauen, die „Work-Life-Balance“ werde für immer mehr Menschen zum Lebensentwurf. Deswegen müsse man unter anderem über neue Arbeitszeitmodelle und Beschäftigungsverhältnisse nachdenken. Für die Firmenchefs werde es wichtiger, ihre Mitarbeiter nach ihren Stärken und Talenten einzusetzen. Denn dann wachse bei ihnen auch die Bereitschaft, sich noch stärker einzusetzen.

Heinrich Baumann, der Präsident der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, hatte zuvor ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa gehalten. Auch als Unternehmer sage er aus voller Überzeugung: „Europa ist unsere Zukunft. Nur gemeinsam sind wir im globalen Maßstab stark genug.“ Europa ist für Baumann Wertegemeinschaft, Friedensgarant, Wirtschaftsmotor und internationales Schwergewicht. Ganz besonders für die Unternehmen im Landkreis Esslingen bedeute Europa Wachstum und stabile Arbeitsplätze.

Für die Firmenchefs sei es daher sogar Pflicht, zum weiteren Gelingen des europäischen Projekts beizutragen. Das Motto „Gemeinsam sind wir stark“ müsse auch für die Region gelten. Als positives Beispiel gemeinsamen Agierens nannte der IHK-Präsident das Projekt des Breitbandausbaus. Sorge bereiten ihm das Thema Feinstaub und die Fahrverbote in Stuttgart für ältere Dieselfahrzeuge. Nach einer Umfrage der IHK sind 70 Prozent der teilnehmenden Unternehmen vom Fahrverbot betroffen. Kleinere und mittlere Firmen denken danach ernsthaft über Standortverlagerungen nach. Das werfe viele Fragen auf.

Christoph Nold, den leitenden Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer, treibt das Thema Fachkräftemangel um. Eine Patentlösung könne er nicht bieten, sagte er in seinem Schlusswort. „Eine Investition, die sich immer lohnt, ist die Qualifizierung des eigenen Nachwuchses.“ Harald Flößer