Zwischen Neckar und Alb

Versteckt, verraten, deportiert, ermordet

Stolperstein Franziska Neumann und ihre Söhne Wolfgang und Ludwig wurden Opfer des Nazi-Terrors.

Ebersbach. Arne und Poul Müller hatten Glück: Ihr Vater konnte vor Ausbruch der Zweiten Weltkrieges nach Dänemark fliehen. Ihre Tante Franziska Neumann und ihre Cousins Ludwig und Wolfgang dagegen wurden Opfer des NS-Terrors. Als kürzlich in Ebersbach „Stolpersteine“ in der Büchenbronner Straße 34 für sie verlegt wurden, waren sie eigens dafür aus Dänemark angereist.

Uwe Geiger referierte am Dienstagabend im Gemeindesaal der Veitskirche über den tragischen Lebensweg von Franziska, Ludwig und Wolfgang Neumann. „Mithilfe der Pfarrhauskette versteckt, gelebt, verraten, verhaftet, deportiert, 1943 ermordet in Auschwitz“, so hatte der Stadtarchivar seinen Vortrag überschrieben. Franziska, Ludwig und Wolfgang Neumann lebten etwa drei Wochen in Ebersbach. Dem Ehemann und Vater Erich war es gelungen, mit einem falschen Visum nach England auszureisen. Franziska sollte folgen, zog mit den Kindern nach Berlin, „hoffte, in der Großstadt als Jüdin nicht aufzufallen“. Als sie 1943 den Stellungsbefehl zur Deportation erhielt, konnte sie dank der Pfarrer der Bekennenden Kirche fliehen. „Mehr als 40 Pfarrhäuser und deren Vertraute bildeten die württembergische Pfarrhauskette. Über eine Zwischenstation in einem Pfarrhaus kamen sie und ihre beiden Söhne wohl Anfang April 1943 in Ebersbach an“ - getarnt als Bombenflüchtlinge. Bürgermeister Gustav Seebich, der eingeweiht war, wollte den Aufenthalt legalisieren, um die Gefahr für Flüchtlinge und Helfer abzuwenden. Aber die Familie wird denunziert und „vom örtlichen Gendarmeriemeister Hans Strohm in Begleitung eines weiteren Polizisten im Pfarrhaus in der Büchenbronner Straße 34 verhaftet“. Sie werden nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Im Anschluss an den Vortrag referierte Helga Wittler-Morgen von der Evangelischen Erwachsenenbildung über den Antijudaismus der Kirche. Er begann bereits im Mittelalter, fand in Martin Luther einen lautstarken Vertreter und mündete letztendlich in einer Kirche, die der Massenvernichtung nicht widersprach. Anders der Ebersbacher Pfarrer Hermann Diem. Er gehörte zu einer ganzen Reihe von Pfarrern, die jüdische Familien versteckten und so dem Zugriff der Nazi-Schergen entzogen. Helga Wittler-Morgen hob aber auch hervor, dass die Evangelische Landeskirche bereits 1988 die „Erklärung zur Verbundenheit von Christen und Juden“ verabschiedet habe und es gerade evangelische Geistliche sind, die den jüdisch-christlichen Dialog pflegen.Margit Haas

Info Auf www.ebersbach.de/stolper­steine findet sich der komplette Aufsatz von Uwe Geiger.