Zwischen Neckar und Alb

Verstecktes Juwel
heißt alle willkommen

Fest Einen Platz für Frieden und Harmonie gibt es mitten in Kirchheim. Im neuen Tempel Samye Dzong kommen unterschiedliche Kulturen zusammen. Von Sabrina Kreuzer

Ein Altar mit tausend Buddhas: Der Schreinraum im Tempel von Samye Dzong in Kirchheim.Fotos: Markus Brändli
Ein Altar mit tausend Buddhas: Der Schreinraum im Tempel von Samye Dzong in Kirchheim.     Fotos: Markus Brändli

In einem Gewerbegebiet erwartet man eigentlich Lärm, Unruhe und Hektik. Das muss nicht sein. Es gibt auch einen Ort der Ruhe: Samye Dzong. Das tibetisch-buddhistische Zentrum des Vereins Kagyu Samye Dzong Kirchheim ist eine Stätte für interreligiöse Begegnungen.

 

Hinter einem Wohnhaus in der Paracelsusstraße liegt eine alte, unscheinbare Halle, die in den vergangenen Monaten zu einem Tempel umgebaut wurde. Der Kirchheimer Toni Poertner, der seit 20 Jahren im buddhistischen Zentrum in Schottland lebt, hat die Bauleitung übernommen und zeigt sich vom Ergebnis begeistert: „Es ist ein verstecktes Juwel. Trotz der Lage herrscht hier vollkommene Stille.“ Tatsächlich ist der Gang in den Schreinraum wie ein Schritt in eine neue Welt: Unzählige Buddha-Statuen erwarten die Besucher, die bunten Wände und Decken strahlen Freundlichkeit aus, die Atmosphäre ist ruhig und friedlich.

 

Ani Semchi, gebürtige Notzingerin und buddhistische Nonne, betreut zusammen mit Hanna Hündorf aus Kiel das Zentrum in Kirchheim. Mit den Worten „Die Menschen sollen hier Frieden, Anregung und Inspiration für ihr Leben finden“ eröffnet Ani Semchi den großen Tag, an dem der Tempel gesegnet wird. Zu Gast sind Vertreter verschiedener Konfessionen: Renate Kath, Dekanin der evangelischen Kirche, und Pastoralreferent Reinhold Jochim. Ani Semchi, der Dekanin und dem Pastoralreferenten ist es wichtig, dass alle Religionen gut miteinander auskommen.

 

Auch Bürgermeister Günter Riemer, Dr. Iris-Patricia Laudacher von der Volkshochschule Kirchheim sowie Christoph Tangl, Leiter der Familien-Bildungsstätte, sind eingeladen. Christoph Tangl erzählt, wie es 1996 zum Kontakt kam: „Ani Semchi, damals noch Angelika Schnabel aus Notzingen, hat Räume für Meditationsgruppen gesucht und ist bei uns gelandet. Es war also vor ziemlich genau 20 Jahren, dass wir die Keimzelle dieses Zentrums gesetzt haben.“ Seither leisten sich die Einrichtungen gegenseitig Hilfe.

 

Buddhismus ist von Frieden und Harmonie geprägt. So erklärt es auch Lama Yeshe Losal Rinpoche. Er ist Abt von Samye Ling, dem Kloster und internationalen Zentrum der buddhistischen Philosophie in Schottland. Das Zentrum in Kirchheim steht unter seiner spirituellen Leitung. „Buddhisten respektieren alle Menschen, unabhängig von ihrer Kultur, ihrem Glauben oder ihrem Geschlecht“, sagt Lama Yeshe. „Wir machen keinen Unterschied, denn wir sind alle gleich.“ Es ist wichtig, dass Menschen ihren inneren Frieden finden. Nur so können sie zum Weltfrieden beitragen.

 

Lama Yeshe ist beeindruckt von dem großen Interesse am buddhistischen Glauben, das in Kirchheim und Umgebung herrscht. Andere Zentren, die er betreut, liegen in Metropolen wie London oder Kapstadt. Auf die Größe der Stadt kommt es ihm jedoch nicht an, sondern darauf, dass die Menschen es als Gewinn sehen, ein buddhistisches Zentrum in ihrer Stadt zu haben.

 

Ani Semchi, Hanna Hündorf und Toni Poertner wünschen sich, dass das Zentrum in Zukunft noch bekannter wird. „Ich hoffe, dass sich hier jeder Gast wohlfühlt und seinen eigenen Geist besser kennenlernt wird“, sagt Hanna Hündorf. Toni Poertner möchte Interessierten die Angst nehmen: „Buddhisten möchten nicht missionieren.“

 

Den Tempel von Samye Dzong darf jeder besuchen: einmalig oder regelmäßig, jeder Gast ist willkommen. Samye Dzong ist ein Ort der Begegnungen und des Austauschs. Diesen Gedanken unterstreicht Reinhold Jochim mit einem Zitat von Buddha: „Tausende von Kerzen kann man am Licht einer Kerze anzünden, ohne dass ihr Licht schwächer wird. Freude nimmt nicht ab, wenn man sie teilt.“

Lama Yeshe bei der Segnung des Tempels in Kirchheim.
Lama Yeshe bei der Segnung des Tempels in Kirchheim.