Zwischen Neckar und Alb

Viele Firmen kaufen sich frei

Inklusion Politiker und Experten diskutieren über die Integration von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt.

Wernau. Gemeinsam mit den Werkstätten Esslingen-Kirchheim (WEK) hatte der Kreisdiakonieverband im Kreis Esslingen (KDV) Politiker und Experten zum Gespräch in die Vesperkiche geladen. Neben den Bundestagsabgeordneten Dr. Nils Schmid (SPD) und Markus Grübel (CDU) saßen unter anderem die Behindertenbeauftragte des Landkreises Esslingen Marlis Haller und der ehemalige Vorsitzende der Kirchheimer Lebenshilfe Christian Birzele-Unger auf dem Podium.

Noch längst nicht Normalität

Tenor der Veranstaltung war, dass sich seit 2009, als Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben hat, zwar viel Positives in Sachen Inklusion getan hat, dass es aber noch mehr gesellschaftlichen und politischen Willen und mehr Geld braucht, um jeden Menschen überall, sei es am Arbeitsplatz, beim Wohnen oder in der Freizeit, teilhaben zu lassen.

Nils Schmid betonte, dass ein Perspektivwechsel hin zu einer „neuen Normalität“ von Inklusion nötig ist. Markus Grübel sprach sich für die Wiedereinführung eines „verpflichtenden Gemeinschaftsdienstes“ aus, um mehr „Inklusionsbotschafter“ im Alltagsleben verankert zu haben.

Damit das inklusive Miteinander nicht nach der zehnten Klasse ende, müsse sich der Arbeitsmarkt weiter öffnen, war eine weitere Kernaussage, auf die sich die Runde einigen konnte. Kai Böbel vom Integrationsfachdienst in Plochingen merkte in diesem Zusammenhang an, dass es oft gerade die großen Firmen in der Region seien, die sich aufgrund ihrer betrieblichen Strukturen mit einer Öffnung schwertun.

Zwar sind Unternehmen in Deutschland verpflichtet, eine Fünf-Prozent-Schwerbehindertenquote einzuhalten. Doch sie können sich freikaufen. Und über 60 Prozent der Unternehmen tun dies auch. Hier müsse sich dringend etwas tun, bekräftigt Nils Schmid. Um Arbeitgeber davon zu überzeugen, künftig mehr Menschen mit Behinderung einzustellen, könnten gute Beispiele wie die Bäckerei Schill oder das Café Morlock hilfreich sein. In beiden Betrieben arbeiten seit Langem Menschen mit und ohne Behinderung erfolgreich zusammen. pm